Rund um den G20-Gipfel gibt es in Hamburg weiter Krawalle. Die Lage bleibt angespannt. Die Polizei ist im Dauereinsatz und stellt sich auf eine unruhige Nacht ein.
Krawalle und gewalttätige Auseinandersetzungen überschatten in Hamburg den politischen Teil des G20-Gipfels. Die Lage ist weiter sehr angespannt. Die Polizei stellt sich auf eine unruhige Nacht ein und ist wie die Feuerwehr im Dauereinsatz. Derzeit wird besonders auf die Demo «G20 entern» auf der Reeperbahn geschaut, die laut Polizei Gewaltpotenzial hat. Im Demonstrationsaufruf des Veranstalters hieß es: «Wir werden unsere Wut auf dieses System auf die Straße tragen.» Auch im Schanzenviertel ist die Lage kritisch, dort sind Randalierer unterwegs — Barrikaden brennen. Ein Drogerie- und ein Lebensmittelmarkt wurden geplündert. Alle Entwicklungen zum Gipfel in Hamburg gibt es rund um die Uhr in unserem G20-Liveblog.
Zahlreiche Demonstranten versuchten am Nachmittag in die Nähe der Elbphilharmonie zu gelangen, wo die meisten Gipfelteilnehmer am Abend ein Klassikkonzert hörten. Die Polizei, die immer wieder von Linksautonomen angegriffen wurde, verhinderte das Eindringen in die Sicherheitszone mit dem Einsatz von Wasserwerfern. G20-Gegner versuchten auch mit etwa 15 Booten, sich der Elbphilharmonie zu nähern. Mehrere Aktivisten sprangen rund 200 Meter vor dem Konzerthaus über die Sperrlinie ins Wasser. Dort wurden sie von der Wasserpolizei umringt.
Die Gäste trafen unversehrt zum Konzert ein. Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg unter Leitung von Kent Nagano hatte Ludwig van Beethovens 9. Symphonie mit der «Ode an die Freude» auf dem Programm, die Hymne der Europäischen Union.
Trotz der Ausschreitungen sei die Sicherheit der Gipfelteilnehmer gewährleistet, betonte die Polizei. Ihr gelang es nur mit großen Kraftanstrengungen, die gewalttätigen Proteste aus der Sicherheitszone rund um das Gipfelgelände fernzuhalten. Bei den Ausschreitungen rund um den G20-Gipfel wurden nach Angaben der Polizei bisher 196 Beamte verletzt. Es seien keine Schwerverletzten darunter. Zur Zahl der verletzten Demonstranten konnten bisher weder Polizei noch Feuerwehr Angaben machen. 70 Menschen seien festgenommen und 15 in Gewahrsam genommen worden, so die Polizei.
Als Reaktion auf die andauernden Auseinandersetzungen forderte die Polizei Verstärkung an. Unter anderem schickten Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern zusätzliche Einsatzkräfte. Polizeipräsident Ralf Meyer schätzt, dass rund 21.000 Polizisten in der Hansestadt das Treffen schützen. Im Stadtteil Altona brannten am Freitagmorgen zahlreiche Autos. Auch das Bundespolizeirevier im Bahnhof sei angegriffen worden, teilte die Polizei mit. Die Spuren der Verwüstung sind vielerorts zu sehen: Fensterscheiben sind zerbrochen, Bankautomaten demoliert, ganze Straßenzüge mit Glasscherben und herausgerissenen Pflastersteinen bedeckt. Etliche Banken schlossen ihre Filialen. Am Nachmittag wurden oberhalb der Landungsbrücken erneut Autos angezündet.
Gipfelgegner setzten am Freitagmorgen ihre Ankündigung in die Tat um, die Zufahrtswege zum Tagungsort in den Messehallen zu blockieren und so den Ablauf des Gipfels zu stören. Von verschiedenen Sammelpunkten der Stadt aus starteten Hunderte Demonstranten. Unter anderem versammelten sie sich an den Landungsbrücken am Elbufer und am Verkehrsknotenpunkt Berliner Tor. Es kam zu Auseinandersetzungen mit der Polizei, die mehrere Sitzblockaden räumten. Erneut kamen Wasserwerfer zum Einsatz. Auch das Hafengebiet südlich der Elbe wurde zum Schauplatz mehrerer Protestaktionen. Ein Demonstrationszug an der Köhlbrandbrücke wurde gestoppt. Lastwagen stauten sich an den Containerterminals. Laut der Hafengesellschaft HHLA wird es mehrere Tage dauern, die Verzögerungen wieder aufzuholen.
Auf der Flucht vor der Polizei wurden am frühen Freitagmorgen elf Demonstranten schwer verletzt. Wie die Feuerwehr mitteilte, stürzten sie bei dem Versuch, mit einer größeren Gruppe von Demonstranten im Stadtteil Bahrenfeld über eine Mauer mit Absperrgitter zu klettern, aus etwa vier Metern Höhe ab, weil das Absperrgitter unter der Last zusammenbrach.