Kommt noch eine Große Koalition? Darüber spricht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit den Parteichefs Merkel, Schulz und Seehofer. Zuvor traf er die…
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Vorsitzenden von CDU, CSU und SPD zu einem gemeinsamen Gespräch empfangen. In seinem Amtssitz Schloss Bellevue in Berlin will er mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und SPD-Chef Martin Schulz über die Möglichkeiten einer Regierungsbildung sprechen. Steinmeier beendet damit eine Serie von Unterredungen, die er nach dem Scheitern der Sondierungen für eine Jamaika-Koalition aus Union, FDP und Grünen begonnen hatte. Vor dem Schloss demonstrierten etwa 100 Menschen gegen die weitere Zulassung des Unkraufgiftes Glyphosat — mit Rufen wie «Hopp, Hopp, Hopp — Glyphosat stopp.»
Vor dem Gespräch mit den Parteivorsitzenden von Union und SPD ist Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit der AfD-Fraktionsspitze zusammengekommen. Sie hätten 40 Minuten mit dem Bundespräsidenten gesprochen, sagte AfD-Fraktionschef Alexander Gauland am Donnerstagabend nach dem Treffen. Es sei «wichtig» gewesen, dass Steinmeier auch die AfD getroffen habe.
Der Bundespräsident habe klar gemacht, dass er nicht davon ausgehe, dass die AfD bei der Regierungsbildung eine «große Rolle» spiele, sagte Gauland. Sie hätten wiederum deutlich gemacht, dass für die AfD auch die Tolerierung einer Minderheitsregierung nicht infrage komme. Gauland hatte zusammen mit der Ko-Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel mit Steinmeier gesprochen.
Der geschäftsführende Bundesinnenminister Thomas de Maizière mahnt auch mit Blick auf die innere Sicherheit in Deutschland zur Eile bei der Regierungsbildung. Eine stabile Regierung sei gut für die Sicherheit der Bürger, sagte de Maizière am Donnerstag bei einem Besuch im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum in Berlin. Für mehr Stellen bei der Polizei sei eine neue Regierung nötig, für Gesetzesänderungen sei eine stabile Koalition wichtig. Der Ressortchef betonte, rund ein Jahr nach dem Weihnachtsmarkt-Anschlag von Berlin sei die Bedrohung durch den islamistischen Terror unverändert groß. Auch der Chef des Bundeskriminalamts, Holger Münch, warnte vor einer anhaltenden Gefahr durch Einzeltäter und kleine Gruppen. «Es gibt den Trend zum individuellen Dschihad», sagte er.
«Wir verweigern uns nicht», sagte Schneider. Allerdings seien offensichtlich innerhalb der Union «die Fliehkräfte sehr stark», fügte er mit Blick auf den Führungsstreit in der CSU sowie den Glyphosat-Alleingang von Landwirtschaftsminister Christian Schmidt hinzu. Offensichtlich sei für Merkel ihr bisheriger Führungsstil «ans Ende gekommen». All dies «macht es sehr schwer, verlässlich in Verhandlungen zu gehen».
«Wie es ausgeht ist sehr, sehr offen», sagte auch SPD-Vize Ralf Stegner mit Blick auf die Gespräche mit der Union. Er brachte erneut die Möglichkeit einer Minderheitsregierung ins Spiel. Auch Stegner wies darauf hin, die Tatsache, dass sich Schmidt im Glyphosat-Streit über eine ausdrückliche Weisung des Kanzleramts hinweggesetzt hatte, zeige, dass «Frau Merkel ihren Laden nicht im Griff» habe.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier empfängt am Donnerstagabend die Parteichefs von Union und SPD, um über die Bildung einer künftigen Regierung zu sprechen. Bei dem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel sowie den Vorsitzenden von CSU und SPD, Horst Seehofer und Martin Schulz, dürfte es insbesondere um die Möglichkeit einer Großen Koalition gehen.
Als denkbar gilt aber auch eine von der SPD geduldete Minderheitsregierung der Union. Die neue Suche nach einer Regierung ist wegen der gescheiterten Verhandlungen über ein Jamaika-Bündnis aus Union, FDP und Grünen nötig geworden. Letzter Ausweg wären Neuwahlen, die Steinmeier aber verhindern will.
Die CSU sieht nach dem Glyphosat-Streit keinen Anlass für zusätzliche Zugeständnisse an die SPD als «vertrauensbildende Maßnahmen» für eine mögliche Neuauflage der großen Koalition. «Wir wollen in vertrauensvolle Gespräche mit der SPD eintreten», sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. «Zusätzliche Belastungen für anstehende Gespräche sehe ich nicht.» Seit neun Wochen erkläre die SPD täglich, unter keinen Umständen regieren zu wollen. «Da klingen die aktuellen Rufe nach vertrauensbildenden Maßnahmen sehr nach hoher Schauspielkunst.»
Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) hat Agrarminister Christian Schmidt kurz vor der Abstimmung über das Unkrautgift Glyphosat auf die Regeln der Bundesregierung hingewiesen. Altmaier habe am Montagvormittag in einem Telefonat deutlich gemacht, dass eine Zustimmung zuvor mit Umweltministerin Barbara Hendricks abgestimmt werden müsste. Das teilte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer am Mittwoch in Berlin mit. Kanzlerin Angela Merkel erfuhr erst nach der Abstimmung am Montag vom Ja des Landwirtschaftsministeriums, wie Demmer sagte.
Negative Auswirkungen auf die mögliche Bildung einer erneuten Großen Koalition sieht der Agrarminister nach eigenen Worten nicht: «Ich gehe davon aus, dass eine mögliche künftige Regierung der Bundesrepublik Deutschland nicht an der Frage Zustimmung oder Enthaltung zu Glyphosat scheitert, zumal wir durch die Zustimmung in der Sache mehr erreicht haben, als mit einer Enthaltung.»
Nach dem Glyphosat-Eklat fordert der rechte SPD-Flügel Kanzlerin Angela Merkel auf, als Zeichen des guten Willens den Weg für das von der Union blockierte gesetzliche Rückkehrrecht von Teil- auf Vollzeit freizumachen. «Das wäre eine vertrauensbildende Maßnahme in Richtung SPD. Das rettet die Sache nicht, aber das Klima», sagte der Sprecher des konservativen Seeheimer Kreises in der SPD-Bundestagsfraktion, Johannes Kahrs. «So ein Zeichen noch vor dem SPD-Parteitag in der kommenden Woche würde uns allen helfen.»
Umweltministerin Barbara Hendricks sieht den Konflikt mit der Union nach dem unabgestimmten Ja von Agrarminister Christian Schmidt (CSU) zu Glyphosat nach der Rüge von Kanzlerin Angela Merkel nicht ausgeräumt. «Ich bin weiterhin der Auffassung, dass wir eine vertrauensbildende Maßnahme brauchen», sagte die SPD-Politikerin am Dienstag. Sie habe es angenommen, dass Merkel vorher nicht informiert gewesen sei. Die Kanzlerin habe aber etwas zum Ausdruck gebracht, das im Prinzip selbstverständlich sei. «Nämlich dass sich alle Minister an die Geschäftsordnung der Bundesregierung zu halten haben.» Hendricks sprach erneut von einem «Affront» Schmidts.
Kanzlerin Angela Merkel hat Landwirtschaftsminister Christian Schmidt für seinen Alleingang bei der Zustimmung zum Unkrautvernichter Glyphosat in der EU gerügt. Der CSU-Politiker kann offensichtlich im Amt bleiben. Merkel sagte am Dienstag in Berlin: «Das entsprach nicht der Weisungslage, die von der Bundesregierung ausgearbeitet war.» Union und SPD hätten eine andere Geschäftsordnung verabredet. Diese gelte auch für die geschäftsführende Bundesregierung.
Die Kanzlerin, die mit Schmidt selbst gesprochen hatte, rügte das Verhalten Schmidts ausdrücklich: «Das ist etwas, was sich nicht wiederholen darf», sagte sie. Allerdings hat der Vorgang offensichtlich keine personellen Konsequenzen für den CSU-Landwirtschaftsminister. Merkel machte deutlich, dass sie in der Sache eher auf Schmidts Seite stehe als auf der von SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks. In nächster Zeit will auch Kanzleramtschef Peter Altmaier (CDU) mit dem CSU-Politiker Schmidt über den Vorgang reden. Merkel verwies auch auf andere Streitpunkte unter den Regierungsmitgliedern. Unstimmigkeiten seien nichts Ungewöhnliches.
Der Vizechef der FDP-Bundestagsfraktion, Michael Theurer, sieht nach dem Glyphosat-Alleingang von Agrarminister Christian Schmidt die Autorität von Kanzlerin Angela Merkel schwinden. «Merkel hat ihren Laden offensichtlich nicht im Griff. Die Kanzlerin handelt nicht geschäftsführend, sie handelt einmal mehr gar nicht», sagte Baden-Württembergs FDP-Chef. «Ihre Ministerinnen und Minister tanzen Frau Merkel offensichtlich auf der Nase herum.»
Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer sieht in der SPD keine Mehrheit für eine Große Koalition im Bund. «Es sind in der Partei viel weniger als 50 Prozent», sagte die SPD-Politikerin am Montagabend in Mainz über eine Wiederauflage der großen Koalition zwischen SPD und Union.
Für eine Große Koalition spreche, dass die Partei Verantwortung für Mitgestaltung übernehmen und ihre Herzensthemen einbringen könne, sagte Dreyer, die auf dem kommenden SPD-Bundesparteitag für den stellvertretenden Parteivorsitz kandidiert.
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Deutschland — in German Steinmeier spricht mit Merkel, Schulz und Seehofer über GroKo