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SPD denkt über "KoKo" statt "GroKo" nach

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In der SPD wird angesichts des Widerstands gegen eine Große Koalition eine bislang noch nicht da gewesene Form der Regierungszusammenarbeit geprüft. Die News im…
In der SPD wird angesichts des Widerstands gegen eine Große Koalition eine bislang noch nicht da gewesene Form der Regierungszusammenarbeit geprüft. Parteichef Martin Schulz erläuterte am Montag in der Fraktionssitzung ein Modell, bei dem nur bestimmte Projekte im Koalitionsvertrag verankert werden, andere aber bewusst offen bleiben, damit sie im Bundestag diskutiert und ausverhandelt werden — das würde mehr Raum geben zur Profilierung. Die Idee einer Kooperationskoalition («KoKo») stammt von der Parteilinken.
So könnten aktuelle Strömungen in der Gesellschaft in den vier Jahren einer solchen Regierungskooperation aufgenommen werden, erläuterte Schulz. «Das wäre eventuell eine Brücke, über die viele in der SPD gehen könnten», hieß es. In der SPD wird heute der Koalitionsvertrag mit der Union von 2013 kritisch gesehen. Auf 185 Seiten wurde seinerzeit alles bis in das letzte Detail verhandelt und dann vier Jahre lang in Gesetze gegossen — am Ende war vielen Bürgern nicht klar, wer etwa für die Durchsetzung des Mindestlohns verantwortlich war. Die SPD fürchtet, wieder als Verlierer aus einer «GroKo» heraus zu gehen. Wenn bestimmte Themen offen bleiben, könnte sie — so das Kalkül — beim Ringen um Projekte deutlicher machen, wer wofür steht und was auf wessen Betreiben durchgesetzt wird, notfalls auch mit anderen Mehrheiten. Als ein Beispiel gilt die gegen die Union durchgesetzte Ehe für alle.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat zügige Gespräche mit der SPD über eine Regierungsbildung angemahnt. Merkel sagte am Montag in Berlin, dass die Gespräche «zügig», aber auch «gründlich» geführt werden müssten. Ziel müssten «stabile Regierungsverhältnisse» sein, die Voraussetzung dafür seien, die anstehenden Herausforderungen in Deutschland, Europa und der Welt anzugehen. Die Kanzlerin machte dabei erneut deutlich, dass sie eine Minderheitsregierung nicht als stabile Lösung ansehe.
«Der Maßstab muss sein: Was braucht unser Land», sagte Merkel zu den anstehenden Gesprächen. Neben Unterschieden sehe sie auch eine «ganze Reihe von Schnittmengen» mit den Sozialdemokraten, etwa bei der Sicherung des Wohlstandes, der Digitalisierung, der Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland und der Fortentwicklung Europas.
Forderungen aus der SPD nach einer Bürgerversicherung im Gesundheitssystem erteilte die Kanzlerin erneut eine Absage. Die CDU lehne eine «Einheitskasse» ab. Der «Wettbewerb zweier Systeme» werde nicht besser, «wenn man ihn abschafft», sagte sie mit Blick auf die Zweiteilung in gesetzliche und private Krankenkassen. Allerdings gebe es «strukturelle Defizite» im Gesundheitssystem, wo eine «Vielzahl von Verbesserungen» für Beschäftigte und Patienten» erreicht werden könnten.
Die saarländische Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hat sich gegen eine von CDU-Präsidiumsmitglied Jens Spahn ins Spiel gebrachte mögliche Minderheitsregierung ausgesprochen. «Wir müssen handlungsfähig sein, insbesondere auch mit Blick auf Europa», sagte Kramp-Karrenbauer am Montag im ARD-Morgenmagazin. Es sei kaum vorstellbar, bei wichtigen Fragen wochenlang und monatelang mit allen Parteien im Bundestag zu verhandeln. Durch eine Minderheitsregierung wäre keine «stabile Politik» gewährleistet.
Spahn hatte vor Beginn der Gespräche mit der SPD über eine mögliche Neuauflage der großen Koalition eine Minderheitsregierung als Alternative bezeichnet. «Wenn es mit der SPD gar nicht geht, machen wir es eben alleine», sagte er.
CDU-Vize Julia Klöckner hat die SPD unterdessen davor gewarnt, mit zu weitgehenden Forderungen in Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung zu gehen. Im Sender NDR warf Klöckner den Sozialdemokraten am Montag zudem ein taktisches Spiel vor, wenn sie bei anstehenden Verhandlungen auf Zeit spielten. «Wenn die SPD glaubt, man hätte ewig Zeit — das ist nicht unser Ansinnen», sagte die CDU-Politikerin.
Eine klare Absage erteilte sie der SPD-Forderung nach einer Bürgerversicherung. Sie sprach in diesem Zusammenhang von «Kassensozialismus». Auch glaube sie kaum, «dass die Polarisierung der Gesellschaft und das Erstarken der AfD etwas damit zu tun hat, dass es eine private Krankenversicherung gibt». Am Mittwoch ist ein erstes Spitzengespräch von Union und SPD über eine Zusammenarbeit bei der Regierungsbildung geplant.
Die Spitzen von Union und SPD kommen am Mittwoch zu ersten Gesprächen über eine mögliche große Koalition zusammen.
Die Union will den Familiennachzug weiter ausgesetzt lassen und den Kompromiss der Union einbringen, nach dem maximal 200.000 Flüchtlinge pro Jahr aufgenommen werden sollen. Nach dem Willen der SPD sollen Menschen, die vor Krieg und Verfolgung fliehen müssen, weiterhin Schutz erhalten: «Eine Obergrenze, die diesen Grundsatz in Frage stellt, lehnen wir ab», heißt es in einem Beschluss des Parteivorstandes. Unbegrenzte Einwanderung wollen aber auch die Sozialdemokraten nicht.
Eine große Koalition um jeden Preis lehne er ab. «Wenn eine neue Große Koalition die falschen Schwerpunkte setzen würde, hätten Union und SPD in vier Jahren zusammen nicht mal mehr eine Mehrheit», sagte Spahn. «Es waren schon jetzt nur noch 53 Prozent.» Als verbindendes Projekt für eine neue Koalition mit der SPD schlug Spahn den «starken Staat» vor. «Recht, Ordnung und Sicherheit müssen wieder garantiert werden.» Dies müsste die SPD eigentlich genauso sehen: «Sicherheit ist ja auch eine soziale Frage.»
Eine neue große Koalition könne nur gelingen, «wenn wir uns der Unzufriedenheit bei den Themen Innere Sicherheit, Migration und Integration stellen», sagte Spahn. Auch viele SPD-Wähler würden nicht wollen, dass sich die Migrationskrise 2015 wiederholt. Dafür brauche es konkrete Maßnahmen wie etwa den Schutz der EU-Außengrenzen, schnellere Asylverfahren, konsequente Abschiebungen und «auch das Signal, dass es für subsidiär Geschützte keinen Nachzug der Familien nach Deutschland gibt».
Nach dem Votum des SPD-Parteitags für Gespräche mit der Union über eine Regierungsbildung will die CDU-Spitze über das weitere Vorgehen beraten. Zunächst kommt der CDU-Bundesvorstand am Sonntagabend zu einem Treffen zusammen. Am Montag folgen eine Sitzung des CDU-Präsidiums sowie im Anschluss eine weitere Runde des Bundesvorstands.
Die SPD müsse mutig sein. «Dazu gehört es, intensiv über eine Minderheitsregierung zu diskutieren und uns nicht einfach wieder vor den Karren von Bundeskanzlerin Angela Merkel spannen zu lassen.» Dabei müsste sich Merkel aber für jedes Projekt Mehrheiten im Bundestag suchen — die Kanzlerin lehnt das als zu unsicher ab.
Am Donnerstag hatte der SPD-Bundesparteitag in Berlin beschlossen, ergebnisoffen in Gespräche mit der Union zu gehen. Am Samstag endet der Parteitag mit weiteren Beratungen. Anschließend starten der Parteivorsitzende Martin Schulz und Fraktionschefin Andrea Nahles die Vorbereitung für die mit Spannung erwarteten Gespräche mit CDU-Chefin und Kanzlerin Angela Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer am Mittwoch in Berlin. Nach ersten Gesprächen könnte der Vorstand am 15. Dezember Sondierungsgespräche mit der Union beschließen, über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen müsste ein Sonderparteitag, wahrscheinlich Mitte Januar, entscheiden.

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