Zum Staatsbesuch des türkischen Präsidenten Erdogan ist die Stimmung angespannt. In Berlin wollen 10.000 Menschen demonstrieren, türkische Zeitungen kritisieren die EM-Vergabe an Deutschland und Berichte über eine „Terrorliste“ werfen Fragen auf. Die Ereignisse im Newsblog.
Militärische Ehren, Staatsbankett, gleich zwei Treffen mit der Kanzlerin: Der türkische Präsident Erdogan Recep Tayyip Erdogan ist noch bis Samstag auf (hoch umstrittenem) Staatsbesuch in Deutschland. Nicht nur Menschenrechtlern kritisieren, dass dem autokratisch agierenden Politiker der rote Teppich ausgerollt wird. Schließlich hat vieles in der vergangenen Zeit die Beziehungen arg belastet.
Vor allem seit der Freilassung des Journalisten Deniz Yücel aus türkischer Haft stehen zwar die diplomatischen Weichen wieder auf Normalisierung. Aber auf den Straßen dürften die Proteste heute wieder lautstark werden. So soll es unter anderem eine Demo des Erdogan NotWelcome-Bündnisses geben — mit bis zu 10.000 Teilnehmern rechnen die Veranstalter. Am Samstag wir Erdogan in Köln eine Moschee eröffnen. Dass die politischen Gespräche auf höchster Ebene am Ende diese Gemüter etwas beruhigen könne, ist eher ausgeschlossen.
Wir begleiten die Ereignisse in einem Newsblog.
Ein für Samstag in Köln geplanter Demonstrationszug gegen den Besuch des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan bleibt untersagt. Das Verwaltungsgericht Köln lehnte den Antrag eines Demonstrationsanmelders auf Eilrechtsschutz ab und bestätigte damit eine Auflage des Polizeipräsidiums Köln, wie eine Sprecherin des Gerichts mitteilte. Die Kundgebung bleibt damit auf das Gelände der Deutzer Werft beschränkt.
Die Kundgebung und der Demonstrationszug mit dem Titel „Erdogan not welcome — keine schmutzigen Deals mit der Türkei“ sollte auf dem Werftgelände beginnen und dann über eine Rheinbrücke in die Innenstadt und wieder zurück führen. Die Organisatoren erwarten bis zu 7.000 Menschen. Die Kundgebung ist eine von mehreren Versammlungen, die am Samstag anlässlich des Besuchs von Erdogan in Köln geplant sind.
Regierungssprecher Steffen Seibert äußerte sich auf Twitter zu dem Vorfall während der Pressekonferenz: „Wir halten es bei Pressekonferenzen im Kanzleramt wie der Deutsche Bundestag: keine Demonstrationen oder Kundgebungen politischer Anliegen. Das gilt völlig unabhängig davon, ob es sich um ein berechtigtes Anliegen handelt oder nicht.“
Der türkischen Journalisten Can Dündar hat eine Pressekonferenz für 17 Uhr angekündigt. Das Thema wird das Auslieferungsgesuch Erdogans sein. Der türkische Staatspräsident hatte zuvor gesagt. „Das ist unser natürliches Recht.“ Dündar sei ein „Agent“. Er habe Staatsgeheimnisse öffentlich gemacht und sei dafür zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden. Für den türkischen Staat sei er ein „Verbrecher“.
Um die Teilnahme des in Deutschland im Exil lebenden früheren Chefredakteurs der regierungskritischen Zeitung „Cumhuriyet“ an der Pressekonferenz hatte es am Freitag einen Eklat gegeben. Der dpa hatte Dündar gesagt, dass er an der Pressekonferenz teilnehmen und Erdogan kritische Fragen stellen werde. Er verzichtete aber dann kurzfristig auf die Teilnahme, nachdem es aus der Erdogan-Delegation Drohungen gab, die Pressekonferenz platzen zu lassen, sollte er dabei sein.
Bei der Pressekonferenz ist es zu einem Zwischenfall gekommen. Ein Mann wurde im Kanzleramt vor laufenden Kameras abgeführt. Erdogan lächelte zunächst nur. Die Hintergründe blieben zunächst unklar. Inzwischen wurde die Pressekonferenz beendet.
Erdogan hat von Deutschland einen entschlosseneren Kampf gegen den Terrorismus. Darüber habe er auch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel gesprochen, sagte Erdogan. Er äußerte aber zugleich seine Zufriedenheit über die Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus.
In Deutschland hielten sich „Tausende Mitglieder der PKK-Terrororganisation“ auf, sagte Erdogan. Zudem seien „Hunderte“ Anhänger der Gülen-Bewegung in Deutschland. Die türkische Führung macht die Bewegung um den in den USA lebenden islamischen Prediger Fethullah Gülen für den Putschversuch vom Juli 2016 verantwortlich.
Bereits vor dem Besuch hatte die türkische Regierung nach Medienberichten die Auslieferung von in der Türkei unter Terrorverdacht Gesuchten gefordert. Auch der wegen Verrats verurteilte Journalist Can Dündar ist auf der Liste. Er lebt im Exil in Deutschland und hatte seine Teilnahme an der Pressekonferenz kurzfristig abgesagt.
Merkel bestätigte, dass es im Fall des Journalisten Dündar unterschiedliche Auffassungen zwischen Erdogan und ihr gibt. Dündar habe selbst entschieden, nicht zur Pressekonferenz zu kommen.
Erdogan warf Dündar vor, ein Agent zu sein und Staatsgeheimnisse veröffentlicht zu haben. Er sei zu einer Freiheitsstrafe verurteilt worden, sei jedoch nach Deutschland gekommen. Eigentlich müsste Dündar in Haft sein, sagte Erdogan. Er betonte, es gebe ein Abkommen mit Deutschland, derartige Personen auszuliefern.
Angela Merkel wird sich im Oktober mit den Präsidenten Frankreichs, Russlands und der Türkei zu einer Konferenz über die kritische Lage in Syrien treffen. Bei dem Treffen solle die kritische Situation um die letzte Rebellenhochburg Idlib im Mittelpunkt stehen, sagte Merkel bei der Pressekonferenz.
Angela Merkel hat in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Erdogan die gemeinsame Basis der beiden Länder betont. „Wir haben vieles, was uns eint“, sagte Merkel. Es gebe eine ganze Reihe an bedeutsamen gemeinsamen Interessen. Als Beispiele nannte sie die Bekämpfung von Terrorismus, die Stabilisierung der Lage in Syrien und das Thema Migration. „Es gibt ein gemeinsames strategisches Interesse an gemeinsamen Zielen“, sagte Merkel.
Es gebe jedoch weiterhin „tiefgreifende Differenzen“, sagte die CDU-Politikerin. Sie nannte die Lage der Pressefreiheit und der Menschenrechte. Beim Thema Rechtsstaatlichkeit und dem demokratischen Verständnis gebe es unterschiedliche Auffassungen, sagte Merkel. Eine Annäherung könne es nur durch gemeinsame Gespräche – wie bei diesem Besuch – geben.
Die Sperrungen wegen des Berlin-Besuchs des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan erschweren auch die Arbeit der Bundestags-Abgeordneten.
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Deutschland — in German Journalist bei Pressetermin abgeführt, Regierung bezieht Stellung