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Graciano Rocchigiani: Die Deckung nicht immer oben

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Im Ring war er ein Verschleißboxer und häufig unterschätzter Stratege; im Leben oft ungeschminkt und dünnhäutig, aber authentisch. Ein Nachruf auf Graciano Rocchigiani
Über den
ehemaligen Mittelgewichts-Profi Jake LaMotta heißt es, dass er seine
druckvollsten und besten Momente im Ring erst entfalten konnte, wenn er von
seinem Gegner gehörig Schläge kassiert hatte. Als habe er sich eine Bestrafung abholen
wollen, bis es genug war und er sich mit äußerster Entschlossenheit
revanchierte. Ein ewiger Underdog, der sich gegen übermächtige Gegner behaupten
wollte und später die Vorlage für Martin Scorceses grandioses Boxer-Epos Raging Bull ( Wie ein wilder Stier) war. In der deutschen Boxszene gab es
zwischen 1983 und 2003 einen ganz ähnlichen Faustkämpfer, der jedem Kampf wie
ein Außenseiter bestritt, selbst wenn er gerade der Champion war. Er hieß
Graciano Rocchigiani und ist seit Dienstag nicht mehr am Leben.
Mit Wut
allein ist kaum zu erklären, was dem Einwandererkind mit italienischem Vater in
seinem Sport gelang, während es am Leben mehr als einmal verzweifelte. Wer 109
von 120 Amateurduellen gewinnt, hat vom Faustfechten eine ganze Menge
verstanden; und wer bereits mit 19 deutscher Meister im Halbmittelgewicht wird,
ist zweifellos hochbegabt. So viel zu den Anfängen des Jungen mit den staksigen
Armen, der mit seinem älteren Bruder Ralf sehr früh das olympische Boxen
bereicherte. Schon 1983 wechselte Rocchigiani zu den Profis, um fortan den
«Rocky» zu geben: Einen häufig unterschätzten Ringstrategen, der in
die Schlagserien seiner Gegner hinein zu hauen wusste, als könnte er durch
seine eigene Deckung hindurch sehen. Zeigte das Wirkung, was früher oder später
fast immer der Fall war, fräste er sich unerbittlich in seine Widersacher
hinein, bis jemand aus ihrer Ecke das Handtuch warf – oder der Unparteiische
mit der weißen Weste das einseitige Kräftemessen abwinkte.
Ein
Verschleißboxer, der selten durch klassischen Knockout gewinnt: In diesem Stil,
der dem von LaMotta ähnelt, avanciert der jüngere Sohn von Zanubio Rocchigiani,
einem auf Sardinien geborenen Eisenbieger, Mitte der Achtziger zu einer der
wenigen Hoffnungen unter den bundesdeutschen Preisboxern. In diesem Stil
dekonstruiert er im März 1988 auch den Texaner Vince Boulware beim Kampf um den
vakanten IBF-Titel im Supermittelgewicht.

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