Sturmflut in Hamburg, Wirtschaftskrise, RAF-Terror, Kalter Krieg: In Zeiten großer Herausforderungen erlangte Helmut Schmidt als Krisenmanager Ansehen im In- und Ausland. Heute vor fünf Jahren ist der Altkanzler gestorben.
Der gebürtige Hamburger war für viele der Inbegriff eines Staatsmannes mit Weitblick. Sein pragmatischer Politikansatz verschaffte dem Sozialdemokraten Respekt weit über die Parteigrenzen hinaus, mit seiner Abneigung gegen Theoretiker («Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen») eckte er jedoch häufig in seiner eigenen Partei an. Das Wort des fünften Kanzlers der Bundesrepublik hatte großes Gewicht — vor allem in Fragen der Wirtschafts- und Sicherheitspolitik. In der Bevölkerung genoss Schmidt als Elder Statesman und moralische Autorität bis zu seinem Tod am 10. November 2015 hohes Ansehen. Geboren wird Helmut Schmidt am 23. Dezember 1918 in Hamburg-Barmbek als Sohn eines Studienrats. Nach dem Abitur 1937 an der Lichtwark-Schule in Hamburg will er eigentlich Städtebauer oder Architekt werden. Wie bei vielen Männern seiner Generation macht der Zweite Weltkrieg den persönlichen Plänen jedoch einen Strich durch die Rechnung. Während des Krieges kämpft Schmidt zuerst an der Ostfront, ab 1944 an der Westfront. Das Kriegsende erlebt er in britischer Kriegsgefangenschaft, die jedoch nur kurze Zeit dauert.1945 beginnt Helmut Schmidt in Hamburg das Studium der Staatswissenschaften und der Volkswirtschaft, das er 1949 als Diplom-Volkswirt abschließt. Schon während des Studiums engagiert er sich politisch.1946 wird Schmidt Mitglied der SPD, ein Jahr danach Bundesvorsitzender des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS).1942 heiratet Helmut Schmidt seine Freundin aus Kindertagen: Hannelore, genannt Loki. Aus der Ehe gehen zwei Kinder hervor. Der behindert geborene Sohn Helmut Walter stirbt noch vor seinem ersten Geburtstag im Februar 1945. Tochter Susanne, die später als Wirtschaftsjournalistin in London lebt, wird 1947 geboren. Das Ehepaar Schmidt verlebt 68 gemeinsame Jahre — bis Loki Schmidt im Oktober 2010 stirbt. Nach ihrem Tod findet Helmut Schmidt in seiner langjährigen Mitarbeiterin Ruth Loah eine neue Partnerin.1953 wird Helmut Schmidt erstmals für den Wahlkreis Hamburg-Nord in den Bundestag gewählt. Vier Jahre danach gehört er dem Fraktionsvorstand seiner Partei an. Schmidt konzentriert sich damals auf die Verteidigungspolitik und wird zu einem der schärfsten Kritiker des damaligen Bundesverteidigungsministers Franz Josef Strauß (CSU). Zur Zeit der Rede-Duelle des rhetorisch begabten Sozialdemokraten mit Vertretern der Adenauer-Regierung entsteht auch sein Beiname «Schmidt-Schnauze». Gegen Ende der 50er-Jahre ist der SPD-Verteidigungsexperte ein vehementer Gegner der atomaren Bewaffnung der Bundeswehr.1961 wechselt Helmut Schmidt als Innensenator in seine Heimatstadt Hamburg. Während der Sturmflut im Februar 1962 erwirbt er sich erstmals bundesweit Ansehen als «Macher» und Krisenmanager. Energisch und umsichtig koordiniert er die Hilfsaktionen. Mehr als 20.000 Helfer — darunter auch viele Bundeswehrsoldaten — kämpfen in einem Wettlauf gegen die Zeit um das Leben der verzweifelten Menschen in der Hansestadt. Bei der Bundestagswahl 1965 erhält Schmidt erneut ein Mandat für den Bundestag. Die CDU unter Ludwig Erhard gewinnt die Wahl. Nach der Regierungskrise 1966, aus der die Große Koalition unter Kurt Georg Kiesinger (CDU) hervorgeht, und dem Tod des SPD-Fraktionsvorsitzenden Fritz Erler, übernimmt Schmidt von 1967 bis 1969 den Vorsitz der SPD-Fraktion im Bundestag.