Mit Spannung wird das Treffen der Präsidenten Biden und Putin in Genf erwartet. Doch es ist kein Gipfel gleich starker Seiten, wie Russland-Expertin Fischer im Interview sagt. Die Beziehungen beider Länder seien so schlecht wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr.
Mit Spannung wird das Treffen der Präsidenten Joe Biden und Wladimir Putin in Genf erwartet. Äußerungen beider Seiten sorgten bereits im Vorfeld für Aufsehen. Doch — anders als es der Kreml sich wünscht — ist es kein Gipfel gleich starker Seiten, wie Russland-Expertin Sabine Fischer im Interview mit ntv.de sagt. Die Beziehungen zwischen den USA und Russland seien so schlecht wie seit dem Ende des Kalten Kriegs nicht mehr. Bei einem Thema allerdings sieht sie Chancen auf eine Einigung. ntv.de: Im Vorfeld des Treffens wurden viele Vergleiche gezogen zu früheren Gipfeln im Kalten Krieg. Ist es denn ein Treffen auf Augenhöhe, wie es der Kreml fordert? Sabine Fischer: Es ist natürlich kein Treffen auf Augenhöhe, so wie der Kreml sich das vorstellt. Die USA waren nach dem Kalten Krieg die einzig verbliebene Supermacht und sie haben diesen Anspruch und diesen Status auch heute noch. Russland hingegen ist in diesem Sinne keine Supermacht mehr, außer im Hinblick auf das militärische Potenzial und vor allem sein nukleares Arsenal. Zudem findet die eigentliche Supermacht-Konkurrenz vor allen Dingen im wirtschaftlichen Bereich heute nicht zwischen den USA und Russland statt, sondern zwischen den USA und China. Die globale Konstellation hat sich sehr stark verändert, daher würde ich mit Blick auf diesen Gipfel nicht von einem Treffen zwischen gleichberechtigt oder gleich starken Seiten auf Augenhöhe sprechen. Ist dieses Ungleichgewicht etwas, das Putin antreibt? Aufseiten Moskaus und für den russischen Präsidenten ist das sicherlich ein starkes Motiv. Statusfragen spielen in der russischen Außenpolitik generell eine sehr große Rolle. Das hat für die russische Führung auch innenpolitisch eine große Wirkung, indem man der eigenen Bevölkerung signalisiert: Wir sitzen mit den Amerikanern am gleichen Tisch und sind mit ihnen auf Augenhöhe. Das ist eine wichtige innenpolitische Legitimation. Putin hat von einem Tiefpunkt in den Beziehungen zu den USA gesprochen. Wie schlimm ist es Ihrer Meinung nach? Man kann schon sagen, dass die Beziehungen die schlechtesten seit dem Ende des Ost-West-Konflikts sind. Sehr viele der Kontakte, die in den 1980er-Jahren aufgebaut wurden und in den 2000er-Jahren noch recht intensiv waren, sind in den vergangenen zehn Jahren stark geschrumpft, weil die politischen Beziehungen zwischen beiden Staaten sich so drastisch verschlechtert haben. Hinzu kommt, dass die Beziehungen sehr spezifisch auf die Sicherheitspolitik ausgerichtet sind.