Das 17. ZFF will weiter wachsen – mit einem temporären Filmpalast, der internationalen Massstäben genügt. Zum Auftakt gibt’s einheimische Kost, die kaum jemanden kaltlässt.
Das 17. ZFF will weiter wachsen – mit einem temporären Filmpalast, der internationalen Massstäben genügt. Zum Auftakt gibt’s einheimische Kost, die kaum jemanden kaltlässt. Zürichs Kongresshaus mit zweistöckigem Foyer erweist sich als würdiger neuer Ort für ZFF-Premieren. Ein Zürcher kommt das erste Mal ans Meer und sagt: «Das han ich mir grösser vorgstellt!» Der Witz ist im ganzen Land bekannt und nimmt eine Eigenschaft auf die Schippe, die der bevölkerungsreichsten Stadt der Schweiz gern nachgesagt wird: Grossspurigkeit. Global gesehen ist diese Ortschaft am See, die sich im nationalen Kontext so wichtig fühlen darf, allerdings nicht gerade eine Metropole. Auch ihr Filmfest gilt als eher kleiner Fisch, wenn man die berühmten Pendants in Cannes, Berlin, erst recht Venedig als Massstab nimmt. Im Vergleich zu Namen wie «Mostra internazionale d’arte cinematografica di Venezia» etwa klingt ZFF wie ein Mückenfurz. Die Direktion betont denn auch stets, sich mit der Konkurrenz in Rom oder London zu vergleichen und nicht mit den Leuchttürmen des weltweiten Festivalkalenders. Der frische Blick Aber das Filmfest, das seit 2016 der NZZ-Gruppe gehört, ist in den 16 Jahren seines Bestehens gewachsen und hat sich gemausert. Vorbei sind die Zeiten, in denen es selbst und seine Gründer in der Branche belächelt wurden. In Hollywood gilt es inzwischen als ein Referenzanlass zur Lancierung der Oscar-Saison, die Autorenfilmer namentlich umliegender Länder haben es als Plattform schätzen gelernt, und die Grenze von 100 000 Eintritten pro Ausgabe wurde schon vor drei Jahren geknackt. Damit ist man dem renommierteren, ein halbes Jahrhundert älteren A-Festival in Locarno auf den Fersen. Aber die beiden publikumsträchtigsten Filmfeste der Schweiz haben sich auf eine friedliche Koexistenz geeinigt, selbst die einheimischen Finanzunternehmen hat man sich als Sponsoren säuberlich aufgeteilt. Und hier wie dort weiss man: Der Sechseläutenplatz ist nicht die Piazza Grande, die Sommer für Sommer zum cineastischen Bienenstock wird. In den kommenden zehn Tagen wird also auch in Zürich die Rückkehr des Kinos gefeiert, wie in den Wochen zuvor in Cannes, Locarno, Venedig. Wie dort ist der Zugang zu den Innenräumen nur mit Covid-Zertifikat erlaubt, doch auf Maskenpflicht wird diesmal verzichtet. Es ist, wenn man so will, ein weiterer Schritt zurück zum Altvertrauten. Und über 160 verschiedene Filme aus gut fünfzig Produktionsländern dienen als Motor auf diesem Weg. Gewiss, die Gala-Vorstellungen liefern weitgehend einen Aufguss der Weltpremieren von Venedig und Cannes – von Wes Andersons «The French Dispatch» über François Ozons «Tout s’est bien passé» über einen Fall von Sterbetourismus in die Schweiz bis zum finnischen «Compartment No.6», Juho Kuosmanens hinreissender Charakterstudie in einem Abteil der transsibirischen Eisenbahn. Im Concours rollt Cannes, mit einem dreimal so hohen Budget wie Zürich ausgestattet, jedoch gerne Altmeistern den Teppich aus. Und das ist der Qualität nicht nur zuträglich, wie sich heuer wieder gezeigt hat. Im Unterschied dazu gibt es gerade in den ZFF-Wettbewerben immer wieder Debütwerke von hoher Relevanz, mit frischem Blick und klarer Handschrift zu entdecken. Michael Steiner, der Regisseur des Eröffnungsfilms, auf dem grünen Teppich, der im Kongresshaus ganz verkehrssicher angelegt ist.