Seit 2012 lag die Bundesrepublik jedes Jahr vorn. Jetzt stehen Frankreich und Spanien in der EU-Halbjahresbilanz an der Spitze.
Valletta/Berlin — Trendumkehr bei der Zuwanderung nach Europa: Deutschland ist erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr das Land mit den meisten neuen Asylanträgen. Und noch etwas hat sich nach der Halbjahresbilanz der EU-Asylagentur geändert: Nach dem Machtwechsel in Syrien kommen die meisten neuen Asylbewerber nicht mehr von dort nach Europa, sondern aus dem südamerikanischen Land Venezuela.
Im ersten Halbjahr gingen der Statistik zufolge bei den deutschen Behörden alles in allem 70.000 neue Anträge ein. Damit liegt die Bundesrepublik innerhalb der EU auf Platz drei hinter Frankreich (78.000) und Spanien (77.000). Deutschland steht also erstmals seit 2012 nicht mehr an der Spitze.
Laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) beantragten von Anfang Januar bis Ende August 78.246 Menschen erstmals in Deutschland Schutz. Das waren etwa halb so viele Asylerstanträge wie im Vorjahreszeitraum. Dass die Halbjahreszahlen der Asylagentur EUAA mit Sitz auf Malta stets leicht von den Bamf-Daten für diesen Zeitraum abweichen, hängt damit zusammen, dass die Agentur Monatszahlen addiert. Dadurch sind Nachmeldungen und Doppelzählungen nicht berücksichtigt. Die Aussagen zum Trend insgesamt sind davon jedoch nicht berührt.
Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) sieht in den intensivierten Kontrollen und der Zurückweisung auch von Asylsuchenden an den Grenzen einen Grund für den Rückgang in Deutschland. Er sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Jetzt kommt es im nächsten Schritt zusätzlich darauf an, auch die Rückführungen und Abschiebungen relevant zu steigern, um die Ausreisepflicht der abgelehnten Asylbewerber konsequenter durchzusetzen.» Von der EU erwarte er zugleich rasch Maßnahmen, «mit denen wir die gezielte Umgehung der gemeinsamen europäischen Asylregeln aus Venezuela in den Griff bekommen können».
Asylbewerber aus Venezuela reisen häufig über Spanien in die EU ein. Sie werden, wenn sie in Deutschland Asyl beantragen, nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel in der Regel in Sachsen untergebracht.