Der in Bonn forschende Mathematiker Peter Scholze wurde mit dem renommierten Fields-Preis ausgezeichnet. Sein Abitur legte Scholze einst in Berlin ab.
Er war mit 24 Jahren jüngster Professor Deutschlands, hat etliche Preise abgeräumt und versteht mathematische Zusammenhänge so, dass andere nur staunen können: Nun ist der Bonner Mathematiker Peter Scholze mit einer der renommiertesten Auszeichnungen seines Fachs, der Fields-Medaille, gewürdigt worden — als zweiter Deutscher überhaupt. Das sei „schon eine herausragende Ehre“, sagte der 30-jährige gebürtige Dresdner, der in Berlin aufwuchs und hier sein Abitur ablegte, anlässlich der Verleihung beim Internationalen Mathematiker-Kongress am Mittwoch in Rio de Janeiro. Diese Bescheidenheit passt zu ihm. Der Versuch einer Annäherung.
Schulterlange, braune Haare. Schlanke Figur, schlichtes Hemd. Peter Scholze sticht auf den ersten Blick nicht heraus. Was ihn ausmacht, ist seine geistige Arbeit. Sein Genie. Auch wenn er das selbst wohl nie so sagen würde. „An sich habe ich gar nicht das Gefühl, dass ich ein spezielles Talent besitze“, sagt er im Interview der Deutschen Presse-Agentur. Mit dieser Meinung steht er ziemlich alleine da.
Das Prestige der Fields-Medaille ist mit dem der Nobelpreise vergleichbar. Sie wird alle vier Jahre an bis zu vier herausragende Mathematiker unter 40 Jahren vergeben — neben Scholze dieses Mal an Akshay Venkatesh (Princeton University und Stanford University, USA), Alessio Figalli (ETH Zürich, Schweiz) und Caucher Birkar (Cambridge University, Großbritannien). Eine weitere hochrangige Mathematik-Auszeichnung ist der Abelpreis, der ohne Altersbeschränkung und jährlich verliehen wird.
Die goldene Medaille reiht sich bei Scholze unter anderem ein neben dem Leibniz-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft, dem Fermat-Preis der Universität Toulouse und dem Clay Research Award des Clay Mathematics Institute in Cambridge. Das liest sich wie ein Auszug der Liste aller wichtigen Auszeichnungen, die ein Mathematiker auf dieser Welt bekommen kann. Scholze ist Mitglied unter anderem der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina und der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften und der Künste. Seit Juli ist er zudem Direktor am Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn.
Scholzes Doktorvater Michael Rapoport sagt: „Er ist der bessere Mathematiker als ich, er hat tiefere Einblicke als ich, er hat den besseren Überblick.“ Wie die Studenten hole auch er selbst sich Rat bei Scholze. „Er ist inzwischen mein Lehrer.“ Schon beim Abitur habe Scholze sein ganzes Fachgebiet intus gehabt und noch Wissen darüber hinaus, sagt der frühere Mathe-Professor. „Ich hatte eine ganze Reihe von außergewöhnlichen Studenten, aber Scholze ist exzeptionell.“ Er habe ein absolutes Formgefühl — wie Mozart. „Die Kompositionen sind in gewissem Sinn vollkommen komponiert und eingängig“, schwärmt Rapoport. „Aber er trägt sein Genie nicht vor sich her.“
In Laudationen wird Scholze als Überflieger und Ausnahmetalent bezeichnet. „Ich brauche die Superlative nicht“, sagt der trocken. Er versuche, das nicht so sehr an sich rankommen zu lassen. Im Interview lässt er sich viel Zeit zum Antworten — und gibt sich dann doch oft wortkarg. „Wir versuchen in der Mathematik immer, die Dinge möglichst klar zu sagen“, formuliert Scholze. Es klingt wie sein Lebensmotto.
Der einzige Deutsche, der bislang die Fields-Medaille bekam, ist Gerd Faltings. 1986 war das. „Das ist damals ein bisschen untergegangen, weil wir zur gleichen Zeit geheiratet und Kinder bekommen haben“, erinnert sich der 64-Jährige. Über Scholze sagt er: „Es ist erstaunlich, wie viele Sachen er macht und versteht.