Stefan Schwesig, Ehemann der MV-Ministerpräsidentin, erhebt schwere Vorwürfe gegen die landeseigene Mülldeponie Ihlenberg. Das Unternehmen widerspricht dem früheren leitenden Mitarbeiter vehement.
von Stefan Ludmann, NDR 1 Radio MV
Die landeseigene Mülldeponie Ihlenberg bei Schönberg (Landkreis Nordwestmecklenburg) gerät wegen angeblicher Umweltverstöße unter Druck. Die Vorwürfe stammen nach Informationen von NDR 1 Radio MV aus dem engsten Führungszirkel. Es ist der frühere Abteilungsleiter Administration, der in einem elfseitigen Papier Verfehlungen aufgelistet hat. Pikant: Bei ihm handelt es sich um Stefan Schwesig, den Ehemann von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Allerdings gibt es Zweifel an der Seriosität seines Berichts.
Der Landesbeamte Schwesig hat das Papier, das dem NDR vorliegt, kurz vor seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen Ende September an das Schweriner Finanzministerium geschickt. Zu dem Zeitpunkt endete Schwesigs jahrelange Abordnung an den landeseigenen Müllbetrieb, er hatte dort als Controller angefangen. Seinen Bericht habe er im Rahmen seiner im Mai 2017 übernommenen Zusatzaufgabe als Revisions- und Compliance-Verantwortlicher gefertigt, schreibt er.
Schwesig wirft der Deponieleitung vor, gegen das auf den Umweltschutz orientierte Leitbild des Unternehmens zu verstoßen und Mensch und Natur zu gefährden. In mehreren Fällen habe der eingelagerte Müll deutlich mehr Giftstoffe und Schwermetalle wie Cadmium, Blei oder Quecksilber enthalten als vertraglich vereinbart. Das erhöhe die Risiken für die Mitarbeiter. «Ich kann keinen Mehrwert erkennen, der die Erhöhung dieses Risikos rechtfertigt», schreibt Schwesig. Durch die zusätzlichen Giftmengen seien dem Unternehmen auch immer wieder Einnahmen entgangen. Und auch wenn diese «Überschreitungen» festgestellt worden seien, habe die Deponieleitung das meist nicht reklamiert und keine zusätzlichen Gebühren verlangt.
Per Politbüro-Entschluss vom 30. Januar 1979 entstand im nordwestmecklenburgischen Selmsdorf eine Müllkippe, die zur größten Sondermülldeponie Europas werden sollte.
Rund um die Deponie begann schnell ein schwunghafter Ost-West-Handel mit allen Arten von Müll. Die Deponie sollte Devisen in die notorisch klamme DDR-Staatskasse spülen.
Vor der Einrichtung der Deponie wurde weitgehend auf Bodenerkundungen verzichtet. Das Thema Umweltgefahren wurde vor allem seit der Wende immer wichtiger.
Die Deponie Ihlenberg bei Schönberg gilt mit einer Deponiefläche von 113 Hektar als größte Sondermülldeponie Europas.
Die gesamte Fläche des Betriebes beträgt 165 Hektar.
Anfang der 90er-Jahre erwarb das Land Mecklenburg-Vorpommern die Deponie. Der Landesrechnungshof monierte die Verträge, durch die dem Land rund 100 Millionen Euro entgangen seien. Im Zuge der Privatisierungs-Affäre mussten die damalige Umweltministerin Petra Uhlmann und Staatssekretär Peter-Uwe Conrad ihren Hut nehmen.
Kurios: Durch den abgelagerten Müll ist der eigentlich nur 82 Meter hohe Ihlenberg rasant in die Höhe geschossen — bis auf 115 Meter. Damit zählt er zu den 30 höchsten Bergen Mecklenburg-Vorpommerns — Tendenz steigend.