Die Bundesregierung wünscht sich im Kampf gegen Masern eine Impfquote von mindestens 95 Prozent. Neue Daten zeigen nun Mängel beim Schutz vor der Krankheit auf.
Sieben Prozent der Schulanfänger in Deutschland sind laut einem Zeitungsbericht nicht ausreichend gegen Masern geschützt. Die Blätter der Funke-Mediengruppe zitieren aus einer neuen Statistik des Robert-Koch-Instituts (RKI) zu Impfquoten. Demnach haben im Jahr 2017 insgesamt zwar 97,1 Prozent der Schulanfänger die erste Impfung erhalten. Bei der entscheidenden zweiten Masernimpfung sinkt die Zahl laut dem Bericht hingegen auf etwas mehr als 93 Prozent.
Die auf Bundesebene gewünschte Impfquote von 95 Prozent sei somit noch immer nicht erreicht, hieß es. Die schlechtesten Quoten für die zweite Masernimpfung von Schulanfängern gibt es demzufolge in Baden-Württemberg (89,1 Prozent) und im Saarland (90,5 Prozent). «Die Impfquoten bei Schulanfängern sind gut, aber nicht gut genug», sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) den Funke-Medien. «Denn erst wenn mehr als 95 Prozent gegen Masern geimpft sind, können wir diese gefährliche Infektionskrankheit ausrotten.» Deshalb müsse diese Impfung verpflichtend werden.
Kinderärzte weisen unterdessen auf Probleme bei den Impfstoffen hin. «In Deutschland ist derzeit kein Einzelimpfstoff gegen Masern mehr verfügbar», sagte Thomas Fischbach, Präsident des Bundesverbands der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Der Masernimpfstoff sei nur als Dreifach- oder Vierfachimpfstoff erhältlich – zusammen mit den Impfstoffen gegen Mumps, Röteln und zum Teil auch gegen Windpocken. «Es wäre nicht sinnvoll, im Zuge einer Masern-Impfpflicht wieder zu Einfachimpfstoffen zurückzukehren», warnte Fischbach. «Besser wäre es, gleich die Dreifachimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln zur Pflicht zu machen.»
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Artikel zum Impfen, den Empfehlungen der Mediziner und möglichen Risiken
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Die typischen Symptome sind hohes Fieber und rotfleckiger Ausschlag, übertragen werden die Viren schon durch Husten, Niesen und direkten Kontakt mit Erkrankten. Im Jahr 2015 starben weltweit jede Stunde 15 Menschen an der Erkrankung, die in Deutschland längst ausgerottet sein könnte (siehe Informationen der Weltgesundheitsorganisation). Etwa einer von 1.000 Erkrankten stirbt, berichtet das Robert Koch-Institut. Besonders Säuglinge, die noch nicht geimpft werden können und Masern bekommen, sind gefährdeter als bislang gedacht, an einer lebensgefährlichen Hirnentzündung zu erkranken, die noch sechs bis acht Jahre nach der Infektion auftreten kann. In einem von 609 Fällen leiden Babys an der Entzündung, die bleibende Schäden verursachen, im Wachkoma oder auch tödlich enden kann (Wendorf et al., 2016).
Wer sollte geimpft sein? Jeder. Nur wenn die Bevölkerung flächendeckend zu mindestens 95 Prozent geimpft ist, hat die ansonsten hochansteckende Infektion keine Chance mehr. In Deutschland schwankt die Impfquote jedoch seit Jahren erheblich, vor allem nach Region. Je nach Bundesland lag sie 2015 zwischen 89 Prozent (Baden-Württemberg) und 96 Prozent (Mecklenburg-Vorpommern) (Epidemiologisches Bulletin, 16/2017).
Wann? Die erste Impfung wird für Kinder ab zwölf Monaten empfohlen, die zweite Impfung, um den Schutz zu komplettieren, sollte bis zum zweiten Geburtstag erfolgen. Es gibt Impfstoffe ausschließlich gegen Masern, oft erfolgt die Impfung aber in Kombination gegen Mumps und Röteln, deshalb heißt es MMR-Impfstoff. In Deutschland werden derzeit immer noch zu wenige Menschen vor allem ein zweites Mal geimpft, vor allem in jungen Jahren. Deshalb kommt es immer wieder zu teils größeren Ausbrüchen. Erst bis kurz vor der Einschulung lassen viele Eltern ihre Kinder das zweite Mal impfen. Im Jahr 2015 gab es so bundesweit rund 180.000 Kleinkinder, die nicht ausreichend vor Masern geschützt waren, weil sie noch zu jung waren, um geimpft werden zu können.
Gibt es Risiken? Die Masernimpfung ist gut verträglich und deutlich weniger riskant als eine Erkrankung. Sie schützt zweifach Geimpfte effektiv in bis zu 99 Prozent der Fälle vor der Infektion. Dennoch gibt es schwere Vorwürfe vor allem gegen den MMR-Impfstoff. Sie sind bis heute unbelegt und teils auch widerlegt. Die Impfung verursacht keinen Autismus. Diese Lüge geht auf manipulierte und fehlerhafte Studienergebnisse eines Mannes zurück: Der Arzt Andrew Wakefield hatte den Zusammenhang 1998 hergestellt und verunsichert damit bis heute Eltern. Wakefield wurde in Großbritannien seine Zulassung aberkannt und seine Studie zurückgezogen und in mehreren Untersuchungen widerlegt. Das Robert Koch-Institut (RKI) führt einige davon auf.
Meistens wird Polio nicht bemerkt. Die Krankheit ist zwar hochansteckend, aber kaum jemand zeigt Symptome. Allein in fünf Prozent der Fälle führen die Viren im Körper zu Fieber, Halsschmerzen, Schweißausbrüchen – das ist nervig wie eine Grippe, aber nach wenigen Tagen ohne Folgen ausgestanden. Kritisch sind die restlichen fünf Prozent: Ein bis zwei Wochen nach den Symptomen kommt es zu einer Hirnhautentzündung, die zu einer Lähmung führen kann.
Heutzutage sind vor allem Kinder in Entwicklungsländern gefährdet. Europa gilt seit 2002 als Polio-frei. Weil die Krankheit hierzulande keine akute Bedrohung mehr ist, empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) seit 1998 nur noch Totimpfstoff (IPV). Wer damit geimpft ist, ist vor einer Lähmung geschützt, kann den Erreger aber noch weiter verbreiten.
Wer sollte geimpft sein? Allen voran Säuglinge und junge Kleinkinder. Je nachdem, ob es ein Einzel- oder ein Kombinationsimpfstoff ist, reichen zwei beziehungsweise vier Injektionen zum Schutz.
Wann? Die erste Impfung erfolgt ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat, also ab der neunten Woche. Es folgen Injektionen nach dem vollendeten dritten und vierten Lebensmonat. Die letzte Dosis gibt es am Ende des ersten Lebensjahres. Im Alter von neun bis 17 Jahren sollte die Impfung noch einmal aufgefrischt werden.
Gibt es Risiken? Geimpft wird meist in Kombination gegen Tetanus, Diphtherie, Keuchhusten, Hib und Hepatitis B. Es ist also ein Sechsfachimpfstoff, den Kinder bekommen. Nebenwirkungen sind selten, meist leicht und nicht häufiger als bei Einzelimpfungen (Human vaccines: Reinert, Philippe, et al., 2006). Mit dem Kombinationsimpfstoff braucht es weniger Injektionen und Impftermine, was Schmerzen, Zeit und Kosten senkt. Ungewollte Reaktionen der harmlosen Art sind etwa Rötungen, Schmerzen und Schwellungen an den Einstichstellen. In Einzelfällen – einer von 10.000 Geimpften – kann es zu einem Fieberkrampf kommen, der folgenlos bleibt.
Es hält sich jedoch das Gerücht, der Impfstoff sei lebensgefährlich und Kinder daran gestorben. Tatsächlich standen die Mittel Infanrix hexa von GlaxoSmithKline sowie Hexavac von Sanofi Pasteur MSD, die im Jahr 2000 zugelassen worden waren, mal unter Verdacht, möglicherweise schädlich zu sein. Innerhalb von drei Jahren waren fünf Kinder innerhalb von 24 Stunden nach der Impfung plötzlich verstorben. Im selben Zeitraum waren damit rund drei Millionen Kinder geimpft worden.
Einen direkten Zusammenhang haben Mediziner nicht nachweisen können, stattdessen hat die Europäische Arzneimittel-Agentur die Vorwürfe noch 2003 entkräftet. Ein Fazit: «Die Vorteile der Impfung überwiegen die Risiken bei Weitem», die Impfstoffe sollten weiter eingesetzt werden.
Hexavac wurde 2005 dennoch vom Markt genommen. Nicht, weil er schädlich ist, sondern weil er in der Kombination vermutlich nicht lebenslang gegen Hepatitis B schützt. Seit 2013 ist mit Hexyon ein dritter Sechsfach-Impfstoff zugelassen.
Humane Papillomaviren (HPV) werden zumeist beim Sex, auch beim Oral- und Analsex, übertragen und verursachen verschiedene Krebsarten, vor allem Gebärmutterhalskrebs sowie Krebs im Mund- und Rachenraum, am Penis und am After. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts erkranken jedes Jahr 6.250 Mädchen und Frauen sowie 1.600 Jungen und Männer an bösartigem Krebs, der auf eine HPV-Infektion zurückgeht. Jährlich sterben 1.500 bis 1.600 Frauen an HPV-assoziiertem Gebärmutterhalskrebs, bei mehr als 50.000 muss eine Ausschabung des Gebärmutterhalses vorgenommen werden.
Wer sollte geimpft sein? Die Ständige Impfkommission empfiehlt für alle Mädchen eine Impfung gegen humane Papillomviren. Mit Veröffentlichung ihrer Empfehlungen 2018/2019 im Epidemiologischen Bulletin 34/2018 (Ende August 2018) wird die Empfehlung zur HPV-Impfung erweitert. Dann gilt die Empfehlung zur HPV-Impfung auch für Jungen.
Wann? Bestenfalls bekommen die Kinder den Impfstoff im Alter von neun bis 14 Jahren. Verpasst? Kein Problem: Lassen Sie die Impfung einfach so früh wie möglich nachholen – bis zum Alter von 17 Jahren ist das möglich.
Noch ein wichtiger Hinweis: Die Impfung ist auch nach dem ersten Sex noch sinnvoll. Und selbst wenn sich der oder die Jugendliche schon mal infiziert hat, kann die Impfung trotzdem noch einen Schutz vor den anderen im Impfstoff enthaltenen HPV-Typen bieten.
Gibt es Risiken? Es kann kurzzeitig zu Schwellungen, Rötungen und Schmerzen an der Einstichstelle kommen. Auch berichteten Geimpfte vermehrt von Schwindel. Davon abgesehen jedoch handelt es sich hierbei um «eine sehr sichere Impfung», wie auch das Robert-Koch-Institut (RKI) betont. So wurden laut RKI „seit Empfehlung der Impfung 2007 keine schweren unerwünschten Wirkungen gemeldet, die ursächlich in Zusammenhang mit der HPV-Impfung standen“. Das deckt sich mit den Aussagen der Weltgesundheitsorganisation, deren Global Advisory Committee on Vaccine Safety (GACVS) seit 2007 regelmäßig eine Bewertung von Sicherheitsdaten zur HPV-Impfung durchführt.
Es kursiert das Gerücht, die Impfung könne zu schweren Erkrankungen führen. Der Grund sind Beobachtungen unter Jugendlichen in Dänemark. Dieser Zusammenhang ist jedoch nicht haltbar, wie eine Cochrane-Studie zeigt.
300.000 bis 650.000 Menschen in Deutschland haben dauerhaft Hepatitis B. Übelkeit und Erbrechen gehören zum Krankheitsbild, je länger das Virus aktiv ist, desto häufiger sind Leberschäden. Deshalb ist vor allem auch unter jungen Patienten die Wahrscheinlichkeit größer, dass Beschwerden chronisch werden: Bei infizierten Neugeborenen liegt sie bei 90 Prozent, bei Kleinkindern bei 40 bis 70 Prozent.
Wer sollte geimpft sein? Seit 1995 wird eine Impfung für alle Säuglinge, Kleinkinder und Jugendlichen empfohlen. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts jedoch schwanken die Impfquoten je nach Bundesland zwischen rund 79 Prozent in Baden-Württemberg und rund 97 Prozent beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern.
Wann? Die Impfung im Säuglingsalter besteht aus vier Teilimpfungen. Die erste ist ab dem vollendeten zweiten Lebensmonat möglich, mit vollendetem dritten Lebensmonat folgt die zweite, ab dem vollendeten vierten Lebensmonat die dritte und die letzte wird Ende des ersten Lebensjahres gegeben (11.–14. Lebensmonat). Wird alles eingehalten, ist nach jetziger Kenntnis keine weitere Impfung im Laufe des Lebens nötig.
Gibt es Risiken? Keine Wirkung ohne Nebenwirkungen: Wie bei jedem Medikament reagiert der Körper auf die Impfung. Wie stark, ist sehr unterschiedlich. Die meisten Menschen – auch Säuglinge und junge Kleinkinder – haben keine Beschwerden, bei weniger als einem von 10.000 kommt es zu einem Fieberkrampf. Langfristige Folgen sind nicht bekannt. Zur Grundimmunisierung kann gleichzeitig auch gegen Tetanus, Diphtherie, Kinderlähmung (Polio), Keuchhusten (Pertussis), und Hib geimpft werden. Das senkt die Zahl der Impfspritzen, reduziert Schmerzen für das Kleinkind, spart Zeit und auch Kosten.
Trockener Reizhusten und eine ungewöhnlich starke Erschöpfung sind typische Anzeichen für eine Grippe. Ebenso hohes Fieber sowie Kopf- und Gliederschmerzen. Alljährlich schlagen die Viren zu – wie stark, lässt sich nicht vorhersagen.
Wer sollte geimpft sein? Das Robert Koch-Institut empfiehlt die Impfung derzeit für Menschen ab 60 Jahren, chronisch Kranke und Schwangere, weil diese Risikogruppen durch eine Infektion besonders gefährdet sind. Kinder sollten das Mittel nur dann standardmäßig bekommen, wenn sie etwa Asthma oder Herz- oder Kreislauferkrankungen haben – sie seien grundsätzlich geschwächt, was das Risiko für Komplikationen steigen lasse. Dieser Ansicht ist auch die US-amerikanische Seuchenbehörde CDC, sie betont aber zugleich, dass Kinder unter zwei Jahren einem ebenso starken Risiko ausgesetzt sind und empfiehlt daher, sie ebenfalls zu impfen.
Wann? Geimpfte Mütter geben Antikörper an ihr Ungeborenes weiter, sodass der Säugling in den ersten Lebensmonaten vor der Grippe weitgehend geschützt ist. Ab sechs Monaten können die Kinder dann theoretisch selbst geimpft werden. Eine einmalige Impfung – am besten im Herbst – bietet zumeist wie bei Erwachsenen ausreichend Schutz für die gesamte Grippesaison.
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Deutschland — in German Masern: Impfquote bei Schulanfängern niedriger als erhofft