EU-Ratschef Charles Michel hat beim EU-Sondergipfel Zugeständnisse an die „sparsamen Vier“ gemacht. Wird damit der Durchbruch gelingen?
Es war wohl kein Zufall, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Samstag mit einem Europa-blauen Blazer im Sitzungssaal des Brüsseler Ratsgebäudes erschien. Am zweiten Tag des Sondergipfels zu den EU-Finanzen konnte dies als Signal verstanden werden, dass die Kanzlerin noch einmal an die Kompromissbereitschaft der übrigen 26 Staats- und Regierungschefs appellieren wollte.
Doch allein über die Farb-Symbolik ließ sich natürlich kein Durchbruch beim Streit um Europas Finanzpaket mit einem Gesamtvolumen von 1,8 Billionen Euro erzielen. Da Deutschland derzeit den EU-Vorsitz innehat, kam auf Merkel beim Gipfel eine tragende Rolle zu.
Also traf sich die Kanzlerin am Samstagvormittag mit dem Ratspräsidenten Charles Michel, Kommissionschefin Ursula von der Leyen und ihren Kollegen aus Frankreich, Italien, und Spanien. Der entscheidende Gast bei dem Frühstück im kleinen Kreis im Ratsgebäude kam indes aus den Niederlanden: Ministerpräsident Mark Rutte nahm an dem Treffen ebenfalls teil. Schnelles Ende vor Mitternacht
Dass die Verhandlungen in der Sackgasse steckten, war am Abend zuvor klar geworden. Rutte hatte als Wortführer der „sparsamen Vier“ – die Niederlande, Österreich, Schweden und Dänemark — nicht nur darauf beharrt, dass der Anteil der Kredite innerhalb des geplanten 750-Milliarden-Fonds für die Corona-Hilfen ausgeweitet wird.
Zudem pochte der Niederländer auch darauf, dass bei der Freigabe der Gelder für Länder wie Italien die Einstimmigkeits-Regel unter den EU-Staaten zu gelten habe. Mit anderen Worten: Die Niederlande würden demnach bei der Entscheidung darüber, ob die Bedingungen für die Auszahlung der Milliardenhilfen erfüllt sind, künftig ein Vetorecht haben.
Angesichts des unnachgiebigen Auftretens des niederländischen Ministerpräsidenten blies EU-Ratschef Michel als Sitzungsleiter zur Überraschung einiger Teilnehmer, die sich schon auf eine Nachtsitzung eingestellt hatten, am Freitag vor Mitternacht zum vorläufigen Abpfiff.