Das Ruder konnte Sigmar Gabriel nicht herumreißen. Die SPD steckt acht Jahre nach ihrer historischen Niederlage bei der Bundestagswahl erneut bei 20 Prozent fest. Wie betoniert. Gabriels Verzicht auf die Kanzlerkandidatur und den Parteivorsitz ist überraschend, aber konsequent. Wenn man geht, dann richtig.
Erst das Land, dann die Partei, dann erst ich, mag Gabriel gedacht haben. Seine Umfragewerte sind seit Jahren unterirdisch, in der Partei wie im Rest der Republik. Martin Schulz dagegen steht etwas besser da. Und er segelt unter dem Wind des Neulings auf der Berliner Bühne.
Gabriel hat sich stets gefragt, warum er nicht ankommt. Er hat es erkannt und seine Schlüsse daraus gezogen, was im politischen Berlin selten ist. Selbst die SPD hat ihn geduldet, nie geliebt. Dankbarkeit ist kein Kriterium bei Genossen.
Immerhin hatte sich der Lehrer aus Goslar in die Pflicht nehmen lassen. Er einte die Partei, verhandelte mit der Merkel-Union, die fast eine absolute Mehrheit erreicht hatte, hart und erfolgreich. Merkels zweite große Koalition war ein Linksbündnis. Mindestlohn, Rente mit 63, Lohngleichheit, Kita-Ausbau. Nie war eine 20-Prozent-Partei so mächtig wie unter Gabriel. Aber an seinen eigenen Führungsansprüchen ist er immer wieder gescheitert.
Politik ist Führen und Sammeln, hat er selbst mal gesagt. Gabriel vergaß das Sammeln und führte in viele Richtungen, nicht in eine.