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Macht vor Recht – Wichtige Forschungsergebnisse zum Thema Nato-Osterweiterung

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NachDenkSeiten-Leser Karl-Jürgen Müller[*] hat uns einen interessanten Text zur NATO-Osterweiterung geschickt. Er passt zu der gerade laufenden Diskussion mit und über Russland. Ich ergänze am Ende mit einem Hinweis auf einen Kommentar von Günter Verheugen und Anmerkungen zum eigentlich notwendigen Ende beider Blöcke. Albrecht Müller.

Karl-Jürgen Müller:

Aus den Verhandlungen im französi …
NachDenkSeiten-Leser Karl-Jürgen Müller[ *] hat uns einen interessanten Text zur NATO-Osterweiterung geschickt. Er passt zu der gerade laufenden Diskussion mit und über Russland. Ich ergänze am Ende mit einem Hinweis auf einen Kommentar von Günter Verheugen und Anmerkungen zum eigentlich notwendigen Ende beider Blöcke. Albrecht Müller. Karl-Jürgen Müller: Aus den Verhandlungen im französischen Rambouillet Anfang 1999, wenige Wochen vor Beginn des völkerrechtswidrigen Nato-Krieges gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, ist folgendes überliefert: Ein hochrangiger serbischer Politiker versuchte einem US-General mit einer faktenreichen Darlegung begreiflich zu machen, dass die gegen Serbien erhobenen Vorwürfe nicht den Tatsachen entsprechen und die Forderung der Nato nach Aufgabe der serbischen Souveränität, konkret die Forderung nach absoluter Bewegungsfreiheit und Immunität der geplanten Nato-Soldaten in der gesamten Bundesrepublik Jugoslawien (so Annex B des von den Nato-Staaten vorgelegten Vertragsentwurfes), in keiner Weise gerechtfertigt ist. Die Antwort des US-Generals war kurz und bündig: Nicht die Fakten seien entscheidend, sondern das, was «wir», USA und Nato, wollen. Das Beispiel bringt sehr anschaulich zum Ausdruck, was es bedeutet, wenn in den internationalen Beziehungen Macht vor Recht geht. Dass in den internationalen Beziehungen nun schon lange Macht vor Recht geht, ist ein offenes Geheimnis. Wenn Macht vor Recht geht, können diejenigen, die der Macht den Vorrang geben, aber öffentlich nicht so offen sprechen wie der US-General in Rambouillet. Also wird versucht, die öffentlichen Worte so zu wählen, dass es klingt, als wenn man nur das «Rechte» wolle. Die Geschichte ist voll von solchen amtlichen Zurechtbiegungen. Auch unsere Gegenwart. Gegensätzliche Behauptungen zur Nato-Osterweiterung Hier soll nur ein aktuelles Beispiel herausgegriffen werden, das bei den laufenden Verhandlungen zwischen USA und Nato auf der einen und Russland auf der anderen Seite eine wichtige Rolle spielt: Die russische Führung behauptet, während der Verhandlungen zur deutschen Wiedervereinigung sei der damaligen sowjetischen Führung zugesagt worden, es werde keine Nato-Osterweiterung geben. USA und Nato behaupten das Gegenteil: Eine solche Zusage habe es nie gegeben, es sei nur um Deutschland gegangen, vor allem aber liege kein schriftlicher Vertrag über eine solche Zusage vor.… Ausserdem hätte Russland 1997 die Nato-Osterweiterung vertraglich akzeptiert. Einer der vielen prominenten Nato-Stimmen, die so argumentieren, ist der Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz und frühere deutsche Diplomat Wolfgang Ischinger. So ist in einem Interview mit dem Deutschlandfunk vom 10. Januar 2022 zu lesen: «Deutschlandfunk: Herr Ischinger, Moskau argumentiert ja immer wieder, der Westen habe zugesagt, dass sich die Nato nicht weiter Richtung Osten ausweitet – nach dem Fall der Mauer 89, dann 90 auch. […] Ist da nichts dran? Ischinger: Nein, da ist nichts dran. Richtig ist, dass es damals im Zusammenhang mit den Verhandlungen über den 2+4-Vertrag Gespräche und einen mündlichen Austausch gegeben hat über die Beschränkungen, die man westlicherseits akzeptieren würde. Da ging es um die Einbeziehung der früheren DDR in die Bundesrepublik Deutschland, um die Vereinigung. Es ging um die Frage einer Nato-Mitgliedschaft und so weiter. […] Dieses Gewispere, dieses Geraune über gebrochene Versprechungen, das ist doch spätestens seit 1997 völlig vom Tisch, weil 1997 […] die Russische Föderation amtlich und schriftlich die Nato-Erweiterung als Prinzip akzeptiert und die Modalitäten der Nato-Erweiterung mit dem Westen ausverhandelt hat.

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