"Nafris" überprüft – Kölner Polizei für Einsatz und Wortwahl in der Kritik
Grünen-Chefin Simone Peter hat sich kritisch über die Art und Weise des Einsatzes der Kölner Polizei bei den Silvesterfeierlichkeiten geäußert. „Das Großaufgebot der Polizei in Köln und anderen Städten hat Gewalt und Übergriffe in der vergangenen Silvesternacht deutlich begrenzt“, sagte sie der „Rheinischen Post“. Allerdings stelle sich die Frage nach der Verhältnis- und Rechtmäßigkeit, „wenn insgesamt knapp 1000 Personen alleine aufgrund ihres Aussehens überprüft und teilweise festgesetzt wurden“, sagte Peter.
Peter schloss sich zudem der Kritik an der Verwendung des Begriffs „Nafris“ für Nordafrikaner an, wie ihn die Kölner Polizei auf Twitter am Silvesterabend benutzt hatte. „Völlig inakzeptabel ist der Gebrauch von herabwürdigenden Gruppenbezeichnungen wie „Nafris“ für Nordafrikaner durch staatliche Organe wie die Polizei“, sagte Peter.
Zuvor hatte dies etwa auch der frühere Piratenpolitiker Christopher Lauer kritisiert. „Ich halte diesen Begriff für in hohem Maße entmenschlichend“, sagte er der dpa. Lauer, der Piraten-Vorsitzender in Berlin war und zur SPD übertrat, sieht die Verwendung des Begriffs als äußerst problematisch: „Wenn die nun in der Silvesternacht hunderte Menschen so bezeichnen, ist das eine pauschale Verurteilung einer ganzen Bevölkerungsgruppe nur nach dem Aussehen.“
Die Kölner Polizei hatte am Samstagabend getwittert: „Am HBF werden derzeit mehrere Hundert Nafris überprüft.“ Polizeipräsident Jürgen Mathies sagte dazu am Sonntag bei einer Pressekonferenz, nach seiner Einschätzung hätte der Begriff „Nafri“ besser nicht nach außen verwendet werden sollen. Eine Häufung an Straftaten von Personen aus dem nordafrikanischen Raum lasse sich aber nicht bestreiten, und dafür müsse dann polizeiintern auch ein Begriff gefunden werden. Mathies betonte, dass die allermeisten in Deutschland lebenden Nordafrikaner natürlich keine Straftäter seien.
Mathies bekräftigte am Montag noch einmal sein Bedauern. „Den Begriff finde ich sehr unglücklich verwendet hier in der Situation“, sagte Mathies im WDR. „Das bedauere ich außerordentlich.“ Die Bezeichnung werde als „Arbeitsbegriff“ innerhalb der Polizei verwendet.
Mathies verteidigte zugleich noch einmal das Vorgehen der Polizei, die Gruppen zu überprüfen. Die Bundespolizei habe zuvor schon aus den Zügen gemeldet, dass „hochaggressive“ Gruppen nach Köln unterwegs seien. Die Polizei habe dann das Gruppenverhalten und auch das Verhalten einzelner Personen beobachtet und davon ausgehend kontrolliert.
„Es ist nun mal so, dass gerade auch aus den Erfahrungen der vergangenen Silvesternacht, aus Erfahrungen, die wir durch Razzien insgesamt auch gewonnen haben, hier ein klarer Eindruck entstanden ist, welche Personen zu überprüfen sind“, sagte Mathies. „Es waren keine grauhaarigen älteren Männer oder blondhaarigen jungen Frauen.“ In einer solchen Situation, in der Tausende Menschen gleichzeitig am Hauptbahnhof einträfen, müsse die Polizei zwingend sofort Entscheidungen treffen.
In der Silvesternacht vor einem Jahr hatte es in Köln und anderen Städten massenhaft sexuelle Übergriffe auf Frauen gegeben. Die Verdächtigen und Verurteilten waren überwiegend Nordafrikaner.
Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer wies die Kritik an der Kölner Polizei zurück und nahm die Beamten gegen Rassismusvorwürfe in Schutz. Das Vorgehen gegen Menschen nordafrikanischer Herkunft habe « nichts mit Diskriminierung zu tun », sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag am Montag im ZDF-« Morgenmagazin ». Die Beamten hätten « konsequent und entschieden » Straftaten und sexuelle Übergriffe wie vor einem Jahr verhindert.
Mayer sagte, er sei voll Respekt für den Polizeieinsatz in Köln und mit der Polizeiarbeit « sehr zufrieden ».
Durch Ausweiskontrollen, Platzverweise und Festnahmen habe die Kölner Polizei eine Wiederholung der Ereignisse in der Silvesternacht vor einem Jahr schon « im Vorfeld verhindert », sagte Mayer. Für « pauschale Kritik » an einem angeblich diskriminierenden Vorgehen der Polizei habe er daher « kein Verständnis », sagte der CSU-Politiker.
Die Kölner Polizei war zum Jahreswechsel zunächst mit 1500 Beamten im Einsatz, forderte noch einmal Verstärkung an, so dass sich die Zahl der Polizisten schließlich auf 1700 belief. Die Beamten überprüften die Identität von 650 Personen. Dabei habe es sich fast ausschließlich um Nordafrikaner gehandelt, sagte Mathies.
Die Polizei sprach 190 Platzverweise aus und nahm 92 Personen in Gewahrsam. 27 Personen wurden vorläufig festgenommen. Es wurden zehn Sexualdelikte angezeigt, Vergewaltigungen waren nicht darunter.
Polizeipräsident Mathies verwahrte sich gegen den Vorwurf des „racial profiling“, womit ein gezieltes polizeiliches Vorgehen nach ethnischen Gesichtspunkten bezeichnet wird. Es sei um das Verhalten dieser Männer gegangen, betonte er. „Der ganz überwiegende Teil war so, dass mit drohenden Straftaten zu rechnen war“, sagte der Polizeipräsident. Dies habe die Polizei verhindert. Im übrigen seien genauso auch Deutsche überprüft worden.
Auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) bezeichnete den großen Polizeieinsatz als „erforderlich“. Wolfgang Wurm von der Bundespolizei berichtete, dass mindestens 1000 „fahndungsrelevante Personen“ nach Köln gereist seien. Viele von ihnen hätten offenbar im Hauptbahnhof bleiben wollen, was die Polizei aber nicht zugelassen habe. ( dpa )
© Source: http://www.tagesspiegel.de/politik/silvestereinsatz-in-koeln-nafris-ueberprueft-koelner-polizei-fuer-einsatz-und-wortwahl-in-der-kritik/19197612.html
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