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Jeremy Corbyn: Großer Erfolg für einen Kriegs-Gegner

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Jeremy Corbyn hat viele junge Briten überzeugt – mit einem Tabubruch. Er machte klar, dass die innere Sicherheit eines Landes untrennbar mit dem Weltfrieden verknüpft ist.
Die sich in der Wahlnacht abzeichnenden massiven Gewinne für Labour-Chef Jeremy Corbyn sind das Ergebnis einer sehr unorthodoxen Politik. Corbyn ist in der britischen Öffentlichkeit weniger wegen seiner revolutionäre Sozial- oder Umverteilungsprogramme aufgefallen – Labour hat zwar ein sozial gerechteres Konzept für den Sozialstaat vorgelegt, weiß sich aber auch in den Zwängen der globalen Wirtschaft, in der nationale Gesetze ein schwächerer Hebel sind als zu jenen Zeiten, in denen die Arbeiterbewegung noch die Politik eines Landes bestimmen konnte. Der Guardian kommentiert: „Wie die Dinge stehen, ist das zweifellos Corbyns Nacht. Er hat gezeigt, dass Leidenschaft und Energie zählen, vielleicht sogar mehr als Fach-Kompetenz; dass die Wähler inspiriert und nicht belehrt werden wollen.“
Corbyns Markenzeichen ist vor allem seine Ablehnung von Kriegen – und von aggressiv geführten britischen Interventionen. Schon bei seiner Antrittsrede sagte er, dass Syrien eine diplomatische Lösung brauche und kritisierte ohne Schnörkel die Rolle Saudi-Arabiens im Nahen Osten.
Im Wahlkampf fiel er mit zwei Positionen auf, die in der internationalen Politik zu Tabus geworden sind: Er sagte, dass er sich weigern würde, als Premierminister die Atombombe auf ein anderes Land zu werfen, auch nicht als Vergeltung. Er begründete dies mit dem Tod von Tausenden Menschen, die ein solcher Schritt auslösen würde. Premierministerin Theresa May hatte sich unmittelbar nach ihrem Amtsantritt ausdrücklich für den Einsatz ausgesprochen – und zwar im vollen Wissen, dass dabei auch unschuldige Zivilisten zu Tode kommen würden. Corbyn war wegen seiner pazifistischen Haltung, die im Hinblick auf die Atombombe eigentlich nichts anderes ist als vernünftig, massiv kritisiert worden. Die Zahl seiner Unterstützer im politischen London hielt sich in Grenzen.
Mit einem zweiten Ausspruch sorgte Corbyn für noch mehr Widerspruch: Er sagte, dass die Anschläge von Manchester die Folge der Kriege seien, die Großbritannien auf der Welt führe: „Viele Experten, auch bei den Geheimdiensten und Sicherheitsbehörden, haben Verbindungen zwischen dem Terrorismus in unserem Land und den Kriegen, in denen wir im Ausland involviert sind…, hergestellt“, sagte Corbyn bei einer Wahlkampf-Rede in London am 26. Mai.
Das mindere nicht die Schuld derer, die Kinder angriffen, sagte Corbyn mit Bezug auf den Selbstmordattentäter von Manchester. Aber es zeige, dass der „Krieg gegen den Terror“ nicht funktioniert habe.
Die Aussage traf auf geschlossene Ablehnung, welche mitunter mit scheinheiligem Pathos geführt wurde: „Ich stimme nicht mit dem überein, was er sagt. Aber noch weniger passend finde ich den Zeitpunkt für diese Aussage. Damit stellt er im Augenblick der Tragödie die Politik über die Menschen“, sagte etwa der Vorsitzende der Liberaldemokraten Tim Farron.
Doch während die Regierung versuchte, sich wegzuducken und der Ursachenforschung für die globalen Radikalisierung aus dem Weg zu gehen suchte, begann eine für Großbritannien in der Tat ungewöhnliche Debatte, die auch von großen Medien aufgegriffen wurde. Angestoßen wurde die Debatte vom britischen Inlandsgeheimdienst MI5, der nach dem Anschlag von Manchester eine Untersuchung eingeleitet hatte.
Geprüft werde, ob „Lehren daraus gezogen werden müssen, wie der Geheimdienst mit dem Material“ zum Selbstmordattentäter Salman Abedi umgegangen sei, sagte die Person, die namentlich nicht genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur Reuters.

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