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Als vor einem Jahr wegen Corona 240.000 Deutsche im Urlaub strandeten

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„Die Unbeschwertheit ist verloren gegangen“: Ein Jahr nach der größten Rückholaktion aller Zeiten sagen Urlauber und Krisenmanager was sich für sie verändert hat.
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„Die Unbeschwertheit ist verloren gegangen“: Ein Jahr nach der größten Rückholaktion aller Zeiten sagen Urlauber und Krisenmanager was sich für sie verändert hat. So etwas hatte die Reisewelt noch nicht erlebt: Vor einem Jahr am 17. März hat das Auswärtige Amt erstmals in seiner Geschichte eine weltweite Reisewarnung für alle nicht notwendigen Auslandsreisen ausgesprochen. Der Grund dafür waren vor allem die strengen Quarantänebestimmungen, welche die Länder wegen der Ausbreitung von Covid-19 erlassen haben. Die Ereignisse überschlugen sich in diesem Tagen. Urlauber wurden angefeindet, Länder kündigten an, ihre Flughäfen zu schließen, der öffentliche Verkehr war teilweise schon eingestellt worden. Manche Urlauber saßen in Hotels fest, das Personal war längst in Quarantäne geschickt worden. Das bedeutete 240.000 Urlauber mussten aus aller Welt zurück nach Deutschland geholt werden. Dazu wurden noch verfügbare Linienflüge und Flieger von Reiseveranstaltern genutzt. Außerdem charterte die Bundesregierung 260 Sonderflüge. Die gigantische Rückholaktion dauerte bis Ende April und kostete den Staat 93.000 Euro. Sechs Berichte von Urlaubern und Krisenmanagern, wie sie diese chaotischen Tage erlebt haben. Reisebüro-Inhaber Michael Seitz half in Mindelheim nicht nur Kunden Als Ende März der weltweite Reiseverkehr nahezu zusammenbrach, war die ganze Branche gefordert und teilweise überfordert. In den ersten fünf Wochen waren wir in unserem Reisebüro in Mindelheim rund 16 Stunden am Tag für unsere Kunden erreichbar, ebenso wie am Wochenende. Wir arbeiteten in Schichten, damit auch Kunden uns erreichen konnten, die zum Beispiel in Australien festsaßen. Diese Masse an Leuten überall aus der Welt zurückzuholen – so etwas hat es noch nie gegeben. Da unser Reisebüro viele Individualreisen anbietet, betreuten wir kurzfristig rund 100 Personen und organisierten Rückflüge. Wir hatten die Hände voll zu tun, vieles hat sich kurzfristig verändert: Am einen Tag war Umsteigen in Singapur möglich, dann auf einmal nicht mehr. Wir haben in dieser verrückten Situation zum Teil verschiedene Tickets gekauft, um sie nach Hause zu bringen. Bei uns haben sich auch Menschen gemeldet, die unabhängig von unserem Reisebüro Pauschalreisen gebucht hatten und vom Reiseveranstalter im Stich gelassen wurden. Manche sind vier, fünfmal zum Flughafen gefahren, nur um dort jedes Mal wieder eine Absage für den Flug zu bekommen. Wir konnten zwar deren Tickets nicht umbuchen, sie aber beraten oder ihnen neue Flüge ausstellen. Ich bin überzeugt, dass wir das Zurückholen in den meisten Fällen besser hinbekommen haben als so mancher Veranstalter. Die Telefone bei manchen Anbietern oder Fluglinien waren nicht besetzt, wir waren immer erreichbar. Aus den 14 Monaten mit Corona wir unsere Lehren gezogen. Manche Veranstalter werden wir künftig nicht mehr verkaufen, auf sie war in der Krise kein Verlass. Von einigen haben wir auch noch keine Rückerstattungen erhalten, andere wiederum haben schnell reagiert und sich korrekt verhalten. Ich glaube, dass auch die Kunden daraus einiges für die Zukunft mitnehmen. Mein Beruf macht mir nach wie vor viel Spaß, aber es ist schon frustrierend: Wir bereiten die Reisen aufwendig vor, schließen die Buchung ab – und dann ändert sich etwas und wir müssen stornieren – ohne jede Entschädigung. Die Nachfrage nach Urlaub ist definitiv da, aber zurückhaltend. Niemand weiß so richtig, wann es wieder losgehen kann und unter welchen Voraussetzungen. Wir sind aber guter Dinge und die Buchungszahlen bewegen sich wieder in die richtige Richtung. Krisenmanager: „Bei der Rückholaktion der Urlauber liefen die Fäden bei uns zusammen“ Krisenmanager Torsten Schäfer organisierte Flugzeuge, als schon keine Airline mehr flog: Ich weiß schon gar nicht mehr, wann genau das war. Es ist so viel passiert in diesem Jahr, das geradezu überfrachtet war mit Schreckensnachrichten. Aber diese Tage um den 16. März herum waren natürlich prägend. So eine weltweite Reisewarnung hatte es noch nie gegeben. Rückholaktionen waren bis dahin ja keine Seltenheit. Vor einem Jahr aber ging es um die ganze Welt und damit waren fast alle 2300 Reiseveranstalter in Deutschland betroffen. Das Krisenmanagement der Reisebranche wird vom Deutschen Reiseverband koordiniert, der den direkten Draht zum Auswärtigen Amt hat. Als erstes mussten wir feststellen, wie viele Reisegäste wo unterwegs sind. Unser IT-Dienstleister hat für die Branche in Windeseile eine Online-Datenbank entwickelt, über welche die Veranstalter die Daten nach Ländern und Flughäfen erfassen konnten. Man muss ja unterscheiden zwischen Pauschalurlaubern und Menschen, die individuell unterwegs sind, Backpacker etwa oder Zweitwohnungsbesitzern im Ausland. Die Pauschaltouristen sind rechtlich besser gestellt, weil ihr Veranstalter für die Rückführung sorgt. Nun hatte Außenminister Heiko Maas allerdings versprochen, auch alle anderen Reisenden zurückzuholen. Betroffen waren insgesamt über eine Viertelmillion Bundesbürger rund um den Erdball- davon fast 200.000 Pauschalurlauber und fast 60.000 Individualreisende und Residenten. Die Reiseveranstalter haben viele Sonderflüge organisiert und ihre Kunden auf eigene Kosten zurückgeholt, wir hatten dabei die Fäden für die Koordination in der Hand und haben auch das Auswärtige Amt unterstützt. Außenminister Maas hat ebenfalls Sondermaschinen eingesetzt und den Betroffenen später eine Rechnung geschickt. Doch man muss sehen, wie kompliziert das alles war… Viele Fluggesellschaften hatten ihre Flüge komplett eingestellt. Stellen Sie sich vor, Sie als Reiseveranstalter haben Gäste in Australien und da fliegt aber keine Maschine mehr hin. Oder in Neuseeland, wo die Menschen aufgrund einer Ausgangssperre im Hotel bleiben mussten.

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