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Wirtschaftsweise Grimm kritisiert AKW-Aus: „Entscheidung ist unglücklich“

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Die letzten drei deutschen Atomkraftwerke werden abgeschaltet. Was das für die Wirtschaft bedeutet, erläutert die Energie-Expertin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm im Interview.
Erstellt: 14.04.2023, 23:43 Uhr
Von: Thomas Schmidtutz
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Am Samstag werden die letzten drei deutschen Atomkraftwerke abgeschaltet. Was das für die Wirtschaft bedeutet, erläutert die Energie-Expertin und Wirtschaftsweise Veronika Grimm im Interview.
Frau Prof. Grimm, am Samstag gehen die letzten drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland vom Netz. Viele Unternehmen und Verbraucher sehen das mit Sorge. Sie auch?
Ich finde die Entscheidung unglücklich. Mit der Gaskrise hatten sich die Rahmenbedingungen für unsere Energiepolitik drastisch verändert: Gas ist als Brückentechnologie nun deutlich unattraktiver und möglicherweise auch nicht in dem Umfang verfügbar, wie wir es brauchen. Die Politik hätte dem Rechnung tragen sollen. Die AKWs noch drei bis vier Jahre länger laufen zu lassen, hätte uns Luft verschafft. Dann wären die Strompreise niedriger, wir hätten weniger Kohleverstromung und daher geringere Zertifikatspreise im europäischen Emissionshandel und weniger Verstromung von Gas. Mir ist nach wie vor nicht klar, warum man diese Vorteile unter den Tisch gekehrt hat.
Dafür machen jetzt düstere Visionen die Runde. Einige Beobachter befürchten etwa, dass im kommenden Winter bei Großverbrauchern aus der Industrie der Strom abgedreht werden könnte, weil Wind- und Solaranlagen zu wenig liefern und wir zu wenig Strom aus Nachbarländern wie Frankreich kriegen. Wie realistisch ist ein solches Blackout-Szenario?
Wir sind in der Energiekrise noch nicht über den Berg, das ist richtig. Der kommende Winter kann nochmal herausfordernd werden. China hat die Lockdowns ja nun beendet. Wenn die Gasnachfrage aus Asien dynamisch zurückkommt und es bei uns kalt wird, dann könnte es nochmal unangenehm werden. Hohe Gaspreise oder auch Engpässe wären möglich. Auf jeden Fall muss weiter Gas gespart werden, um dies zu vermeiden. Und beim Strom kann es natürlich sein, dass wir bei geringer Produktion der Erneuerbaren auf die europäischen Nachbarn angewiesen sind – auf französischen Atomstrom und polnische Kohlekraftwerke.
Kritiker werfen der Ampel daher Doppel-Moral vor. Was heißt die Entwicklung aber für Unternehmen und Verbraucher: Wird Strom jetzt teurer?
Im Vergleich mit einem Szenario, in dem die AKWs weiterlaufen würden, wird der Strom natürlich teurer sein.

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