Umsturz in Syrien – die Lage im Live Ticker
Rebellengruppen haben Machthaber Assad gestürzt. Der floh nach Russland. Ein neuer Regierungschef ist benannt. Alle Entwicklungen im Liveblog.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin pocht gegenüber Israel auf enge Absprachen mit den USA aufgrund der Situation in Syrien. Dem Pentagon zufolge hat Austin dies dem israelischen Verteidigungsminister Israel Katz in einem Telefonat deutlich gemacht.
Der US-Verteidigungsminister habe Katz mitgeteilt, dass Washington die Entwicklungen in Syrien verfolge und einen friedlichen, umfassenden politischen Übergang unterstütze. Er fügte hinzu, dass die USA ihre Mission fortsetzen würden, die militante Gruppe Islamischer Staat daran zu hindern, in Syrien wieder zu erstarken.
Die israelischen Angriffe auf Syrien nach dem Sturz des dortigen Machthabers Baschar al-Assad verstoßen nach Angaben von UNO-Experten gegen das Völkerrecht.
Es gebe „absolut keine völkerrechtliche Grundlage, um ein Land, das man nicht mag, präventiv (.) zu entwaffnen“, sagte der UN-Sonderberichterstatter für die Förderung der Menschenrechte, Ben Saul, in Genf zu Reportern. „Wenn das der Fall wäre, wäre das ein Rezept für weltweites Chaos.“
Nach dem Ende des Regimes ist die Erleichterung in Syrien riesig. Die Menschen hoffen auf eine bessere Zukunft. Doch die Wunden des Staatsterrors werden nicht so schnell verheilen.
Nach den Angriffen Israels sei die „Furcht vor einer israelischer Besatzung“ in der Bevölkerung Syriens ein großes Thema, so ZDF-Korrespondentin Atai. Es gelte: „Wachsam bleiben“.
Deutschland und Europa hätten eine Verantwortung, dass Frieden in Syrien möglich werde, sagt Außenministerin Baerbock. Die finanzielle Unterstützung wird wohl ausgebaut.
Der syrische Rebellenchef Ahmud al-Scharaa kündigt an, die Sicherheitskräfte des gestürzten Präsidenten Baschar al-Assad auflösen zu wollen. Zudem kontrolliere seine Organisation nun den größten Teil des Landes, heißt es in einer Erklärung des auch als Abu Mohammed al-Golani bekannten Aufständischen an die Nachrichtenagentur Reuters. Man arbeite mit internationalen Organisationen zusammen, um die etwaigen Lagerstätten von Chemiewaffen zu sichern, heißt es zudem.
Die Baath-Partei des gestürzten syrischen Machthabers Baschar al-Assad stellt nach eigenen Angaben sämtliche Aktivitäten ein. Dies gelte „bis auf Weiteres“, hieß es am Mittwoch in einer auf der Website der Parteizeitung veröffentlichten Erklärung. Die Vermögenswerte und die Gelder der Partei würden unter die Aufsicht des Finanzministeriums gestellt, Fahrzeuge und Waffen sollen nach Parteiangaben an das Innenministerium übergeben werden.
Kein Selbstläufer: Außenministerin Baerbock stellt einen Acht-Punkte-Plan vor, wie Deutschland Syrien nach dem Sturz Assads helfen will – geknüpft an Bedingungen.
Die Vereinten Nationen unterstützen nach Angaben von Generalsekretär António Guterres einen friedlichen Machtübergang in Syrien nach dem Sturz von Machthaber Baschar Al-Assad. Die UNO sei „voll und ganz entschlossen, einen reibungslosen Machtübergang zu unterstützen“, sagte Guterres am Mittwoch in Südafrika.
„Es ist unsere Pflicht, alles zu tun, um die verschiedenen syrischen Anführer zu unterstützen (.), um sicherzustellen, dass sie zusammenkommen und in der Lage sind, einen reibungslosen und integrativen Übergang zu gewährleisten, bei dem sich alle Syrer zugehörig fühlen“, fuhr Guterres fort.
Auf den Umsturz in Syrien folgte in Deutschland eine Abschiebedebatte. Ryyan Alshebl, Bürgermeister im Schwarzwald und 2015 selbst syrischer Flüchtling, äußert nun Kritik.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) hat nach dem Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad Deutschlands Rolle bei der Stabilisierung der Region hervorgehoben. „Entscheidend ist, dass die Signale klar sind, sowohl nach Syrien als auch in die Region, dass wir als Europäer, als Deutschland unsere Verantwortung sehen, zur Stabilisierung der Region beizutragen“, sagte Pistorius bei einem Besuch in Jordanien.
Wie bisher werde Deutschland dies auch mit „militärischen Mitteln“ tun. „Ob man das ausweiten kann und will und unter welchen Bedingungen, wird sich zeigen“, fügte der Minister hinzu.
Der Sturz des syrischen Diktators Assad hat Europa kalt erwischt. Unter Hochdruck versucht Brüssel, sich ein Bild von der Lage zu machen.
Die von der islamistischen HTS-Miliz geführte Übergangsregierung in Syrien will laut ihrem Chef Mohammed al-Baschir die Rechte aller religiösen Gruppen garantieren. „Gerade weil wir islamisch sind, werden wir die Rechte aller Menschen und aller Glaubensrichtungen in Syrien garantieren“, sagte al-Baschir am Mittwoch in einem Interview mit der italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“. Zugleich rief er die Millionen geflüchteter Syrer im Ausland dazu auf, in ihre Heimat zurückzukehren.
Die neuen Machthaber seien bereit, mit jedem zusammenzuarbeiten, solange dieser auf Distanz zum gestürzten Machthaber Baschar al-Assad gehe, betonte al-Baschir, der am Vortag zum Chef einer Übergangsregierung ernannt worden war. Auf die Frage, ob die neue Verfassung Syriens islamischer Natur sein werde, antwortete er: „Wir werden alle diese Details während des Verfassungsprozesses klären.“
In Syrien warnt Interimsregierungschef Mohammed al-Baschir vor übergroßen Hoffnungen auf eine rasche Besserung der allgemeinen Lage im Land. „In den Kassen gibt es nur syrische Pfund, die wenig oder nichts wert sind“, sagte er in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der italienischen Zeitung „Il Corriere della Sera“. „Wir haben keine Devisen, und was Kredite und Anleihen angeht, so sammeln wir immer noch Daten. Also ja, finanziell geht es uns sehr schlecht.“ Dessen ungeachtet versprach Baschir, Millionen ins Ausland geflüchteter Syrer trotz großflächiger Zerstörungen in die Heimat zurückzuholen. In westlichen Ländern liefen diplomatische Bemühungen auf Hochtouren, um sich auf die neue Lage einzustellen.
Der Sturz des syrischen Machthabers und engen Verbündeten Baschar al-Assad haben im Iran nicht nur politische, sondern nun auch wirtschaftliche Spuren hinterlassen. Die iranische Währung Rial stürzte nach dem Machtwechsel in Syrien weiter ab und fiel auf ein Rekordtief.