Mit einem Referendum über ein Präsidialsystem will Erdogan seine Macht in der Türkei weiter ausbauen. Die Beziehungen zur EU sind angespannt. Alle Entwicklungen…
Die SPD-Bundestagsabgeordnete Michelle Müntefering steht einem Medienbericht zufolge auf der Namensliste des türkischen Geheimdienstes MIT. Die Sozialdemokratin sei in der Rubrik «Machtzentren und Nichtregierungsorganisationen» mit angeblich «guten Beziehungen» zur Gülen-Bewegung aufgeführt, berichteten «Süddeutsche Zeitung», NDR und WDR am Mittwoch.
Das Innenministerium hatte zuvor in der Bundestags-Fragestunde lediglich bestätigt, dass ein Mitglied des Bundestags und eine weitere Politikerin auf der Liste stünden. Bei der zweiten Person soll es sich den Berichten zufolge um eine CDU-Politikerin aus dem Berliner Abgeordnetenhaus handeln.
Türkische Agenten stehen im Verdacht, dass sie angebliche Anhänger der Gülen-Bewegung in Deutschland ausspioniert haben. Offenbar in der Hoffnung auf Unterstützung der deutschen Seite hatte der MIT dem BND-Präsidenten Bruno Kahl im Februar eine Liste mit mehr als 300 Namen überreicht.
Angesichts des Spionageverdachts gegen den türkische Geheimdienst MIT hat sich SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann empört gezeigt. Dies sei ein „unmöglicher Vorgang“, sagte Oppermann am Mittwoch im ZDF-„Morgenmagazin“. Es könne nicht geduldet werden, dass ein fremder Staat auf deutschem Boden Spionage gegen unbescholtene Bürger betreibe. „Wir sind ein Land der Freiheit“, sagte Oppermann. Es gebe jetzt einen „schweren Anfangsverdacht“.
Sensburg bezog sich auf Vorwürfe, wonach der türkische Geheimdienst MIT in Deutschland unter anderem Anhänger der islamischen Gülen-Bewegung ausspioniert. Es sei „völlig inakzeptabel“, dass damit die politischen Konflikte in der Türkei nach Deutschland getragen würden, sagte der CDU-Politiker. „Der türkische Staat hat in Deutschland keine Hoheitsrechte“, sagte er. Das Vorgehen des türkischen Geheimdienstes sei „illegal“.
Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts, der türkische Geheimdienst MIT habe in Deutschland Anhänger der Gülen-Bewegung ausspioniert. Der Ermittlungserfolg werde davon abhängen, was die deutschen Spionageabwehrbehörden mitteilten, sagte eine Sprecherin der Bundesanwaltschaft am Dienstag in Karlsruhe. Nach deutschen Behördenangaben sammelte der MIT Informationen über rund 300 Menschen und Einrichtungen mit Bezug zur Bewegung des Geistlichen Fethullah Gülen, den Ankara für den gescheiterten Putsch im Juli verantwortlich macht.
„Es steht fest, dass der türkische Geheimdienst MIT hier in Deutschland lebende Menschen ausforscht“, sagte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius ( SPD ) am Dienstag in Hannover. In der türkischen Regierung herrsche offensichtlich „eine fast schon paranoid zu nennende Verschwörungsangst“ vor.
Außenminister Sigmar Gabriel hat sich für eine gründliche Untersuchung des Spionageverdachts gegen den türkischen Auslandsgeheimdienst MIT ausgesprochen. «Sollte es so gewesen sein, das vermag ich aber jetzt weder zu bestätigen noch zu dementieren, wäre es in der Tat ein schwerwiegender Vorgang“, sagte der SPD-Politiker am Dienstag in Berlin. «Aber man muss jetzt, glaube ich, auch der Sache erstmal richtig nachgehen. “
Die Verfassungsschutzbehörden gehen dem Verdacht nach, dass der türkische Geheimdienst MIT in großem Umfang Anhänger der Gülen-Bewegung in Deutschland ausspioniert. Eine Liste mit Namen angeblicher Gülen-Anhänger, die der MIT im Februar dem Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) überreicht hatte, wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur an Sicherheitsbehörden in allen Bundesländern weitergegeben. Dort gehen nun in der Regel die Polizeibehörden auf die in der Liste erwähnten Personen und Institutionen zu, um sie über den Spionageverdacht zu informieren.
Der türkische Geheindienst hatte BND-Chef Bruno Kahl die Liste am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz übergeben. Sie enthält Namen von mehr als 300 in Deutschland lebenden angeblichen Gülen-Anhängern. In dem Papier sollen neben Einzelpersonen auch mehr als 200 angeblich der Gülen-Bewegung zuzuordnende Vereine, Schulen und andere Institutionen benannt werden.
Wegen des Zeigens eines umstrittenen Plakats gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei einer Demonstration in Bern haben die Schweizer Behörden ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Die Staatsanwaltschaft Bern habe das „Verfahren wegen öffentlichen Aufrufs zu Verbrechen oder Gewalttätigkeit“ eröffnet, berichtete die Schweizer Nachrichtenagentur SDA am Montag. Bei der prokurdischen Kundgebung in der Hauptstadt Bern hatten am Samstag tausende Menschen gegen die Politik Erdogans sowie für Frieden, Freiheit und Demokratie in der Türkei demonstriert. Ein Transparent zeigte Erdogan mit einer auf ihn gerichteten Pistole, wie türkische Fernsehbilder zeigten. Darunter stand „Tötet Erdogan“ und – kleiner gedruckt – „mit seinen eigenen Waffen“.
In Deutschland und anderen europäischen Ländern lebende Türken können seit Montag über eine starke Ausweitung der Machtbefugnisse des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan abstimmen. In Deutschland sind bei dem Verfassungsreferendum rund 1,4 Millionen Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen – mehr als in jedem anderen Land außerhalb der Türkei.
Auch in Österreich, der Schweiz, Belgien, Dänemark und Frankreich können Türken seit Montag zwei Wochen lang bis zum 9. April abstimmen. In der Türkei selbst ist das Referendum über die Verfassungsreform für den 16. April angesetzt. Umfragen deuten auf ein knappes Ergebnis hin. Die als eher konservativ eingeschätzten Auslandstürken könnten entscheidend sein.
Muslime in Deutschland sind einer aktuellen Umfrage zufolge häufiger in der Flüchtlingshilfe aktiv als Angehörige anderer Religionen oder Konfessionslose. So gaben 44 Prozent aller von der Bertelsmann-Stiftung im Land befragten Muslime an, sich im vergangenen Jahr für Geflüchtete engagiert zu haben. Bei den Christen gaben 21 Prozent diese Antwort, bei den Konfessionslosen 17 Prozent, wie die Stiftung am Montag mitteilte. Insgesamt hat sich den aktuellen Daten zufolge ein Fünftel der deutschen Bevölkerung 2016 für die Neuankömmlinge engagiert – die allermeisten davon mehr als einmal. Die Daten sind Teil des Religionsmonitors der Stiftung.
In Deutschland lebende Türken können von Montag an bundesweit über die Verfassungsreform in der Türkei zur Einführung eines Präsidialsystems abstimmen. Rund 1,4 Millionen Wahlberechtigte sind aufgerufen, noch vor ihren Landsleuten in der Türkei über die Änderungen abzustimmen, die Präsident Recep Tayyip Erdogan mehr Macht verschaffen würden. Die Abstimmung wird überschattet von einer schweren Krise im deutsch-türkischen Verhältnis. Abgestimmt wird in Deutschland generell in den Generalkonsulaten, die dafür bis zum 9. April täglich von 9.00 bis 21.00 Uhr geöffnet sind. Wo dies aus Platzgründen nicht möglich ist, wurden die Wahllokale ausgelagert. In der Türkei ist das Referendum für den 16. April angesetzt.
Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, hat die Verbalattacken türkischer Politiker auf Deutschland scharf kritisiert. Es gebe «eine rote Linie, die nicht überschritten werden darf“, sagte Voßkuhle den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). Es sei richtig, dass die Bundesregierung deutlich mache, dass sie diese Nazi-Vergleiche nicht weiter akzeptiere. «Wir Deutschen sind es gerade den Opfern der nationalsozialistischen Diktatur schuldig, keine leichtfertigen Vergleiche zuzulassen. “ Besorgt äußerte sich Voßkuhle über den Zustand der Demokratie in der Türkei. «Eine freie Berichterstattung wird in der Türkei zunehmend schwieriger“, sagte der Gerichtspräsident mit Blick auf den Fall des in türkischer Untersuchungshaft sitzenden «Welt“-Korrespondenten Deniz Yücel. Eine Demokratie setze die Möglichkeit der offenen politischen Auseinandersetzung voraus, die von Grundrechten wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Versammlungsfreiheit gewährleistet werde. Würden diese Rechte übermäßig eingeschränkt, schnüre das «der Demokratie die Luft ab“.
Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hat Deutschland erneut Faschismus vorgeworfen. Zugleich machte er am Sonntag auf einer Kundgebung im Istanbuler Stadtteil Gaziosmanpasa erneut deutlich, dass er an Nazi-Vergleichen festhalten wolle. Erdogan verwies unter anderem auf den Prozess um die NSU-Mordserie in München und sagte an die Adresse Deutschlands: «Ihr habt das noch immer nicht aufgeklärt. Ihr seid Faschisten, Faschisten. “
Wie schon am Freitag kritisierte Erdogan außerdem, dass in Europa Moscheen mit Hakenkreuzen beschmiert und Verantwortliche nicht verfolgt würden. An Kirchen in der Türkei gebe es solche Vorfälle nicht, sagte Erdogan und wenn, werde man hart gegen die Verantwortlichen vorgehen. Erdogan sagte weiter an die Adresse Europas: «Du nennst den Präsidenten der türkischen Republik einen Diktator und wenn wir zu denen Faschisten sagen, dann fühlen sich die Herren gestört. “
„Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ (Am 10. Februar 2008 vor 16 000 überwiegend türkischen Zuhörern in Köln)
„Wer Deutschkenntnisse zur wichtigsten Voraussetzung erklärt, verletzt die Menschenrechte.“ (Am 1. November 2011 in einem Interview der „Bild“-Zeitung)
„Die Entscheidung, die das deutsche Parlament soeben getroffen hat, ist eine Entscheidung, die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei ernsthaft beeinflussen wird.“ (Am 2. Juni 2016 in Nairobi nach der Resolution des Bundestages, das Massaker an Armeniern während des Ersten Weltkrieges durch das Osmanische Reich als Völkermord zu verurteilen)
„Ihr habt das bei der Wiedervereinigung in noch größerem Ausmaß betrieben.“ (Am 10. August 2016 in Ankara nach Kritik aus Deutschland an den Entlassungen zehntausender Staatsbediensteter nach dem Putschversuch im Juli)
„Ich glaube nicht an die deutsche Justiz und habe auch keinen Respekt vor der deutschen Justiz in diesem Zusammenhang.“ (Am 13. August 2016 in einem RTL-Interview über das vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Verbot einer Live-Schalte von Erdogan nach Köln im Juli)
„Im Moment ist Deutschland eines der wichtigsten Länder geworden, in denen Terroristen Unterschlupf finden.“ (Am 3. November 2016 in Ankara nach deutscher Kritik an neuerlichen Festnahmen von Journalisten in der Türkei)
„Ich dachte, dass der Nationalsozialismus in Deutschland beendet ist. Dabei dauert er immer noch an.“ (Am 5. März 2017 in Istanbul nach Absagen geplanter Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland) (dpa)
Eine pro-kurdische Kundgebung in der Schweiz hat wegen eines umstrittenen Transparents zu heftigen Protesten der türkischen Regierung geführt. Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu habe seinem Schweizer Amtskollegen Didier Burkhalter in einem Telefonat die „Reaktion auf den schändlichen Vorfall“ übermittelt, teilte Cavusoglus Ministerium am Samstagabend in Ankara mit. Zudem sei die stellvertretende Schweizer Botschafterin ins türkische Außenministerium einbestellt worden.
Die türkischen Behörden forderten demnach die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens. Gleichzeitig protestierten sie gegen die Bewilligung der Kundgebung. Nach Angaben der Schweizer Nachrichtenagentur sda hatten zuvor tausende Menschen in Bern friedlich gegen die Politik des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan sowie für Frieden, Freiheit und Demokratie in der Türkei demonstriert. Zu der Kundgebung aufgerufen hatten unter anderem kurdische Vereine, Schweizer Parteien und mehrere Schweizer Organisationen.
Recep Tayyip Erdoğan wird als Sohn eines türkischen Seemanns am 26. Februar 1954 in Istanbul geboren.
Er geht auf eine Imam-Hatip-Schule in Istanbul, ein religiös orientiertes Fachgymnasium.
Nach der Schule besucht er die Marmara Universität in Istanbul und studiert dort Wirtschafts- und Verwaltungswissenschaften.
Im Alter von 24 Jahren heiratet er seine Frau Emine.
Erdoğan ist zwischen 1994 und 1998 Oberbürgermeister von Istanbul.
Wegen Demagogie wird er 1999 zu zehn Monaten Gefängnis verurteilt, vier davon sitzt er ab.
2001 gründet er die Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP).
2002 ist die AKP bei den Parlamentswahlen erfolgreich. Erdoğan darf wegen seiner Strafe kein öffentliches Amt ausüben.
Er zieht 2003 nach Verfassungsänderungen durch seine Partei ins Parlament ein.
Er übernimmt den Vorsitz seiner Partei und wird zum Ministerpräsidenten.
In den darauffolgenden Wahlen gewinnen Erdoğan und seine Partei immer die absolute Mehrheit.
Der Präsident hat insgesamt vier Kinder. Sein Schwiegersohn Berat Albayrak ist Mitglied des türkischen Parlamentes.
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