Überlebende bezeugen systematisches Morden in syrischem Gefängnis
Laut einem Bericht von Amnesty International wurden in dem syrischen Militärgefängnis Sednaja bisher 13.000 Menschen hingerichtet. Überlebende erzählen von Folter, systematischen Tötungen und Scheinprozessen.
Montag und Mittwoch – das seien die Tage des systematischen Tötens gewesen, berichten freigekommene ehemalige Insassen des berüchtigten Militärgefängnisses Sednaja bei Damaskus. Die Wärter seien jede Woche zu den Zellen gekommen, hätten Namen aufgerufen und Dutzende Menschen abgeholt.
„Es war ein systematischer Prozess“, sagt Lynn Maalouf von der Menschenrechtsorganisation Amnesty International. Bis zu 50 Gefangene seien jede Woche aus ihren Zellen geholt worden. „Man sagte ihnen, sie würden in ein anderes Gefängnis verlegt. Stattdessen brachte man sie in einen unterirdischen Raum und hängte sie dort“, so Maalouf. „Dass sie zum Tode verurteilt wurden, erfuhren sie nur Minuten bevor man ihnen schon den Strick um den Hals legte. „
Ohne Rechtsbeistand, ohne faires Verfahren – vor dem Tod der Opfer habe es lediglich ein bis zwei Minuten dauernde Scheinprozesse gegeben. Der Bericht von Amnesty bezieht sich auf Schilderungen von mehr als 80 Zeugen und Experten. Durch diese Massenhinrichtungen seien in den Jahren 2011 bis 2015 bis zu 13.000 Menschen gestorben, heißt es.
Bei den Opfern handele es sich vor allem um Zivilisten – Regimekritiker und Demonstranten, die gegen die Regierung von Präsident Bashar al-Assad protestiert hatten. Laut Amnesty gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Praktiken in den syrischen Gefängnissen mittlerweile geändert hätten. Es sei davon auszugehen, dass bis heute tausende weitere Regierungsgegner gefoltert und getötet wurden, heißt es.
Omar ist dem Grauen entkommen – er war Gefangener in dem berüchtigten Militärgefängnis. Sehen konnte er nichts, erzählt er der Nachrichtenagentur AP. Die Gefangenen hätten sich die Hände vor die Augen halten müssen. „Wer sich nicht daran hält oder seine Hand versehentlich von den Augen nimmt, wird sofort getötet. „
Nach Jahren im Gefängnis hätten die Gefangenen Erfahrung entwickelt, sagt Omar: „Wir wussten durch das Geräusch, das die Gefangenen machten, dass sie neben uns starben. Ich habe es gehört, mit meinen Ohren gesehen. „
Das syrische Militärgefängnis ist als „Schlachthaus“ verrufen. Insassen sollen dort systematisch gefoltert werden. Es herrschen Willkür, Hunger und Krankheiten. Gestandene Männer sollen auf 35, 40 Kilo abgemagert sein. Anas hat all das erlebt. Der Landwirt war wegen der Teilnahme an einer friedlichen Demonstration mehr als ein Jahr lang in Sednaja eingesperrt.
Er sagt: „Wenn sie das Essen gebracht haben, war es ein Kampf. Die Wärter haben die Anführer der Zelle rausgeholt, um sie zusammenzuschlagen. Du hörst die Geräusche, das Tropfen des Blutes auf den Boden. Du fängst an zu zittern, du kannst es nicht mehr kontrollieren. „
Amnesty International fordert einen sofortigen Stopp der Folter und Hinrichtungen und appelliert an die Vereinten Nationen: „Wir fordern die UN auf, eine unabhängige und transparente Untersuchung zu den Vorfällen einzuleiten. Und wir rufen die syrische Regierung auf, unabhängige Beobachter zuzulassen – in Sednaja sowie auch in allen anderen syrischen Gefängnissen. „
Die Vorwürfe der Menschenrechtsaktivisten richten sich direkt an den syrischen Präsidenten Bashar al-Assad: Die Hinrichtungen im syrischen Militärgefängnis seien von der syrischen Regierung genehmigt worden.
© Source: http://www.tagesschau.de/ausland/syrien-hinrichtungen-101.html
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