Anis Amri war drogenabhängig
Berlin. Anis Amri nahm Drogen und finanzierte sein Leben weitgehend als Dealer. So steht es im Sachstandsbericht zu dem Terroranschlag, über den die „Welt am Sonntag“ berichtet. Der Tunesier habe regelmäßig Ecstasy und Kokain konsumiert. Schon in seiner Heimat war der 24-Jährige demnach wegen Drogendelikten aufgefallen. Ermittler fragten sich, ob er bei dem Anschlag unter Drogeneinfluss gestanden habe. Für das Landeskriminalamt in Berlin Grund genug, den Mann nicht mehr als Islamist zu charakterisieren. Eine fatale Fehleinschätzung, berichtet die „Bild“.
Mit dem Bericht wird sich das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags an diesem Montag befassen. Ein weiteres Thema: Sollte Anis Amri als V-Mann angeworben werden? Mehr und mehr verdichten sich die Anzeichen, dass die Behörden den Tunesier als Spitzel in die Islamistenszene einschleusen wollten. Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfaken, sagte: „Beim Umgang mit Amri geht es auch darum, mehr Erkenntnisse über mutmaßliche Zellen zu erlangen.“ Sowohl das Bundesinnenministerium als auch das NRW-Innenministerium erklärten, Amri sei kein V-Mann gewesen.
Die Linksfraktion im Bundestag verlangt dennoch Aufklärung, ob Sicherheitsbehörden Amri als Quelle in der Islamistenszene genutzt haben. „Es gibt eine Menge Indizien, dass da etwas faul ist“, sagte Frank Tempel, der Vizefraktionschef der Linken, der „Bild am Sonntag“. „Wir müssen aufklären, ob im Fall Amri die Informationsbeschaffung aus der Islamistenszene vor der Gefahrenabwehr kam.“
Wie lassen sich nun also rasch Antworten finden? Eine Frage, über die sich Union und SPD nicht einig sind.
Die SPD ist offen für den Vorstoß der Union, im Fall Amri einen Untersuchungsausschuss des Bundestags einzusetzen. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hält allerdings einen Sonderermittler für das wirksamere Instrument, um rasch Licht in den Fall zu bekommen. „Wir sind uns alle einig, dass der Fall Amri umfassend aufgeklärt werden muss“, sagte er der „Bild am Sonntag“. „Dabei können wir auch über einen Untersuchungsausschuss reden. Allen muss aber klar sein, dass dies ein langwieriges, monatelanges Verfahren werden wird.“
Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU) hatte sich zuvor ablehnend zum Vorschlag aus den Reihen der SPD geäußert, zur Aufklärung möglicher Behördenpannen einen Sonderermittler im Bundesinnenministerium und den betroffenen Landesministerien einzusetzen. Er sagte, es werde darüber diskutiert, ob es im Fall Amri Koordinationsprobleme zwischen Bund und Ländern gegeben habe. „Wenn man der Meinung ist, da muss noch mehr gemacht werden, bin ich für einen Untersuchungsausschuss offen.“
Bei einer Aufklärung per Sonderermittler werde erst einmal monatelang gar nichts passieren. Zudem sei ein solcher Ermittler kein parlamentarisches Instrument. „Der arbeitet vor sich hin. Und der Bundestag selber hat da gar keine Informationen“, sagte Kauder.
Der 24-jährige Tunesier Anis Amri hatte am 19. Dezember einen Lastwagen in einen Weihnachtsmarkt an der Berliner Gedächtniskirche gesteuert, 12 Menschen getötet und mehr als 50 verletzt. Der Islamist war wenige Tage später bei einer Polizeikontrolle in Mailand erschossen worden.
Von RND/dpa/cab
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