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„Dürfen ungeimpfte Schüler mit auf Klassenfahrt?“

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Bislang gilt die Corona-Schulpolitik als Desaster. Wird das im kommenden Schuljahr besser? Lernrückstände alarmieren Verbände, Pädagogen und Schüler. Und für die Zukunft sind viele Fragen ungeklärt, etwa der Umgang mit Ungeimpften. Der Überblick: Was die Bundesländer planen.
F ür die knapp elf Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland haben die vergangenen Tage endlich einmal gute Nachrichten gebracht: Die Corona-Inzidenzen sinken kräftig und auf breiter Front. Und die Freigabe des Biontech-Impfstoffs auch für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren steht vor der Tür. Bis zum Beginn des neuen Schuljahres könnte es tatsächlich gelingen, einen nennenswerten Teil der Schülerschaft zu impfen. Ist die Zeit von Homeschooling und Wechselunterricht damit im kommenden Schuljahr vorbei? Oder geht nach einer sommerlichen Atempause alles wieder von vorne los? „Die Kultusministerien, aber auch die einzelnen Schulen müssen sich jetzt für die Zeit nach den Sommerferien vorbereiten und Konzepte erstellen, wie Unterricht sicher stattfinden kann“, fordert Heinz Hilgers, Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes. „Dazu ist es notwendig, die Impfungen der Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren so zu organisieren, dass sie in jedem Bundesland mit Beginn des nächsten Schuljahres abgeschlossen sind.“ Weiterhin müsse gelten, dass Schulen und auch Kitas „das Erste ist, was geöffnet, und das Letzte, was geschlossen wird“. Schon jetzt hätten die Einschränkungen viele Kinder und Jugendliche psychisch und physisch stark beeinträchtigt, die Zahl der Schulabbrecher werde in diesem Jahr noch einmal ansteigen. Der Verband Bildung und Erziehung (VBE) mahnt dennoch zu Vorsicht. „Auch wenn uns die aktuelle Diskussion um Öffnungen etwas anderes weismachen will, wissen wir, dass der unachtsame Umgang mit der Verbreitung des Virus schnell wieder in exponentielles Wachstum münden kann“, warnt VBE-Chef Udo Beckmann. Der „Dreiklang des Infektionsschutzes“ aus Impfen, Tests und Hygieneregeln müsse weiter zentraler Bestandteil der Strategie sein, um den Schulbetrieb aufrechtzuerhalten – vor allem in der Herbst- und Wintersaison, wenn wieder vermehrt mit Infektionen gerechnet werde. Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, ist hingegen optimistisch. „Ich rechne damit, dass der dritten Welle keine vierte mehr folgen wird und das nächste Schuljahr bei anhaltend sinkenden Inzidenzen und weiteren Impffortschritten im Regelbetrieb starten kann.“ Zumindest für die älteren Schüler gebe es eine reelle Chance, bis dahin geimpft zu sein, schätzt Meidinger. „Wir befürworten auch Impfaktionen an Schulen, um ein niedrigschwelliges Angebot für Schüler und Lehrkräfte zu schaffen.“ Daran anschließend stelle sich aber die Frage, wie der Schulbetrieb im Nebeneinander von geimpften und ungeimpften Schülern sowie Lehrkräften organisiert wird. „Was passiert, wenn Eltern nicht wünschen, dass ihr Kind von einem ungeimpften Lehrer unterrichtet wird? Dürfen ungeimpfte Schüler mit auf Klassenfahrt und in die Theatergruppe? Kann ich Geimpften das Tragen einer Maske abverlangen?“ Meidinger ist sich sicher: „Die politische Debatte um eine Impfpflicht für Lehrkräfte wird kommen, damit rechne ich fest.“ Der Lehrerverband spreche sich zwar gegen eine Pflichtimpfung aus, stellte Meidinger klar. Seiner Einschätzung nach hätte der Staat bei verbeamteten Lehrkräften und entsprechender gesetzlicher Regelung aber wohl die Handhabe dazu. Die Länder wollen sich Ende Mai in einem Gespräch mit Experten zur Organisation des kommenden Schuljahres abstimmen, heißt es von der Kultusministerkonferenz. Die aktuellen Entwicklungen bezüglich Impfstoffen für Kinder und Jugendliche seien „eine sehr gute Nachricht“, allerdings seien die Einschätzungen für einen realistischen Zeitplan nicht einhellig. Viele Schüler jedenfalls warteten bereits sehnsüchtig auf die Impfung, sagt Dario Schramm, Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz. „Wir haben uns jetzt über ein Jahr zurückgehalten – und jetzt sitzen wir ungeimpft zu Hause, während die Oldies an der Strandbar sitzen. Das ist schon schwierig.“ Er bezeichnet die Impfung als „Gefängnis-frei-Karte: Es ist wichtig, dass die Schüler jetzt bald ein Angebot bekommen.“ Noch wichtiger ist Schramm allerdings, nach den Ferien nicht gleich wieder „business as usual“ zu machen. „Es ist wichtig, dem Geschehen der letzten eineinhalb Jahre Raum zu geben und das Miteinander neu zu lernen.

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