Home Deutschland Deutschland — in German Kreml-Berater halten Wahrheit über Kriegsverlauf vor Putin zurück

Kreml-Berater halten Wahrheit über Kriegsverlauf vor Putin zurück

87
0
SHARE

US-Geheimdienste glauben, dass Wladimir Putin von seinen Beratern nicht mehr ehrlich über den Krieg informiert wird. Sie hätten „zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen“, heißt es. Michail Chodorkowski warnt vor einem Angriff Russlands auf Polen oder das Baltikum. Mehr im Liveticker.
D er russische Präsident Wladimir Putin wird nach Auffassung von US-Geheimdiensten von seinen Beratern über den Stand des Angriffskriegs gegen die Ukraine in die Irre geführt. Nach Einschätzung der US-Regierung halten seine Berater eine ehrliche Beschreibung der Lage zurück. Die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses, Kate Bedingfield, sagte am Mittwoch in Washington unter Berufung auf Geheimdienstinformationen: „Wir glauben, dass er von seinen Beratern nicht richtig darüber informiert wird, wie schlecht das russische Militär agiert und wie die russische Wirtschaft durch die Sanktionen gelähmt wird.“ Putins hochrangige Berater hätten „zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen“. Bedingfield sagte weiter, den Geheimdienstinformationen nach habe sich Putin vom russischen Militär getäuscht gefühlt, was anhaltende Spannungen zwischen dem russischen Präsidenten und seiner militärischen Führung verursache. Konkreter wurde Bedingfield nicht. Auf die Frage, warum die US-Regierung diese Informationen offenlege, sagte sie, dies solle zum Gesamtbild beitragen und zum Verständnis, dass der Angriff auf die Ukraine ein großer strategischer Fehler Russlands sei. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte, es sei Anlass zur Sorge, wenn Putin falsch oder nicht informiert sei über die Vorgänge in der Ukraine. „Es ist sein Militär. Es ist sein Krieg. Er hat ihn gewählt.“ Die Tatsache, dass der russische Präsident vielleicht nicht alle Zusammenhänge kenne und vielleicht nicht ganz verstehe, in welchem Ausmaß seine Streitkräfte in der Ukraine versagten, sei beunruhigend. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in einem Telefonat mit seinem US-Kollegen Joe Biden für weitere Waffenlieferungen geworben. „Wir wollen Frieden und er wird nur erreicht werden, wenn wir eine starke Position auf dem Schlachtfeld haben“, sagte Selenskyj nach Angaben seiner Webseite in dem 55-minütigen Telefonat. „Unser Kampfgeist ist stark, die Entschlossenheit ist groß genug, aber wir brauchen Ihre unmittelbare Unterstützung.“ Biden teilte Selenskyj in dem Gespräch mit, dass zusätzliche 500 Millionen Dollar an Direkthilfe der USA auf dem Weg in die Ukraine seien. Nach Angaben des Weißen Hauses ging es in dem Telefonat auch darum, welchen Effekt die bisher an die Ukraine gelieferten Waffen für den Kriegsverlauf hatten. Selenskyj will vom Westen unter anderem Kampfflugzeuge, was die USA und andere Nato-Staaten aber ablehnen, um eine weitere Eskalation des Konflikts mit Russland zu vermeiden. Moldau wird nach eigenen Angaben ab dem 1. April der russischen Gazprom zwischen 1160 bis 1170 Dollar pro Tausend Kubikmeter für Ergas zahlen. Diese sei der vorläufige Preis, sagt der Chef des Energiekonzerns Moldovagaz, Wadim Ceban. Im März hatte das staatliche Unternehmen noch 547 Dollar bezahlt. Moldau hat sich in der Vergangenheit mit der Regierung in Moskau über die Gaspreise gestritten. Gazprom drohte vergangenes Jahr mit einem Lieferstopp, wenn die Forderungen nicht erfüllt würden. Deutschland steht nach Angaben von Außenministerin Annalena Baerbock für Sicherheitsgarantien für die Ukraine nach Ende des russischen Angriffskrieges bereit. „Wenn es Garantien braucht, dann wird auch Deutschland da sein und Garantien geben“, sagte die Grünen-Politikerin in der ARD-Sendung „Maischberger“. „Wir stehen in voller Solidarität zu 100 Prozent an der Seite der Ukraine.“ Das gelte auch für Friedensgespräche und eine spätere Friedensordnung. In den vergangenen 24 Stunden haben sich nach Angaben des Pentagon einige russische Truppen in den Gebieten um Kiew nach Norden in Richtung Weißrussland bewegt. Pentagon-Pressesprecher John Kirby sagte, die USA betrachteten dies nicht als Rückzug, sondern als einen Versuch Russlands, die Truppen neu zu versorgen, umzurüsten und dann neu zu positionieren. „Wir wissen nicht genau, wohin diese Truppen gehen werden“, sagte er. Ein erzwungener Frieden zwischen der Ukraine und Russland wird nach Darstellung des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte nicht zu einer Lockerung der europäischen Sanktionen führen. „Ein Friedensabkommen bei vorgehaltener Waffe, das den Verlust ukrainischen Territoriums und Souveränität bedeutet, ist nicht der Weg zurück zur Normalität“, sagt Rutte bei einem Staatsbesuch in Spanien. „Noch wird es automatisch zu einer Lockerung unserer Sanktionen führen.“ Russlands Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich nach russischen Angaben darauf verständigt, dass Experten der jeweiligen Länder Gespräche über Gaskäufe in Rubel führen sollen. Sie wollten darüber beraten, wie die Zahlung für die russischen Gasexporte in der russischen Währung geleistet werden könnten, berichtet die Agentur Tass unter Berufung auf den Kreml. Die Slowakei weist unter Verweis auf Geheimdienstinformationen 35 russische Diplomaten aus. Das Land werde „das Personal der russischen Botschaft in Bratislava um 35 Personen reduzieren“, sagte ein Sprecher des Außenministeriums. UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet bezeichnet großangelegte und wahllose Angriffe Russlands in bewohnten Gebieten der Ukraine als „äußerst besorgniserregend“. Sie könnten „Kriegsverbrechen gleichkommen“, sagte Bachelet vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Bei den Angriffen seien die grundlegenden Prinzipien der Unterscheidung, der Verhältnismäßigkeit und der Vorsorge nicht ausreichend beachtet wurden. Olena Selenska, die Ehefrau des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, wünscht sich im Interview mit der „Zeit“ von Elke Büdenbender, der Frau des Bundespräsidenten, Hilfe bei der Versorgung und Evakuierung schwerkranker ukrainischer Kinder. Mit Brigitte Macron, der Frau Emmanuel Macrons, und mit Agata Kornhauser-Duda, der Frau des polnischen Präsidenten, habe sie Flüge für Kinder organisiert, die eine Krebsbehandlung benötigen. „Noch habe ich kein Angebot von Elke Büdenbender, der Frau des Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier, erhalten. Aber ich wäre froh und dankbar für solche Initiativen“, sagte sie. Der russische Exil-Oppositionelle Michail Chodorkowski glaubt, dass Wladimir Putin auf Nato-Territorium zuschlagen wird. „Er wird Nato-Staaten angreifen, so oder so – nicht unbedingt mit Raketen, aber etwa mit Terrorangriffen“, sagt der ehemalige Oligarch der „Zeit“. In Deutschland müsse man verstehen, dass Putin und sein Machtzirkel davon überzeugt seien, in der Ukraine einen Krieg gegen die USA zu führen – und damit gegen die Nato. „Ich glaube, er denkt: Wird die Nato zusammenhalten, wenn ich die Grenze nach Polen oder in die Baltenstaaten überquere? Ich kann’s ja mal probieren!“, sagt Chodorkowski. „Ich persönlich denke, die Nato wird nicht reagieren, und im Ergebnis wird sie dadurch aufhören zu existieren. Das ist genau, was Putin will.“ Chodorkowski war Chef des Öl-Konzerns Yukos und einer der reichsten Männer Russlands. Von 2003 an war er zehn Jahre lang inhaftiert, nachdem er Korruption unter Putin kritisiert hatte. Er lebt heute in London. Im Kiewer Vorort Irpin sind nach Angaben des Bürgermeisters seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs mindestens 200 Menschen getötet worden. „Ich denke, dass ungefähr 200 oder 300 Menschen leider gestorben sind“, sagte Oleksandr Markuschin. Während der heftigsten Kämpfe um die nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt gelegene Stadt seien die Toten „einfach in Gärten oder Parks begraben“ worden. Russland und Finnland haben nach kurzer Unterbrechung ihren Bahngüterverkehr wieder aufgenommen. Die staatlichen russischen Eisenbahnen RZD brachten nach eigenen Angaben einen Zug mit Kohle, Chemikalien, Schwarzmetall und Containern auf den Weg nach Finnland, auch die finnische Eisenbahngesellschaft VR bestätigte die Wiederaufnahme des Frachtverkehrs nach britischen Sanktionen. Am Montag hatte die finnische Bahn die letzte Passagierverbindung mit Russland eingestellt, den Schnellzug Allegro zwischen St. Petersburg und Helsinki. Mit dem Allegro reisten seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine viele Finnen aus Russland aus. Aber auch viele Russinnen und Russen verließen ihr Land mit dem Zug, der die letzte öffentliche Direktverbindung mit EU-Gebiet war. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) hat an ihrem ersten Arbeitstag nach sechswöchiger Krankheit den Krieg Russlands gegen die Ukraine scharf verurteilt und Wladimir Putin einen Kriegsverbrecher genannt. Der russische Präsident habe alle getäuscht, sagte Schwesig nach einer Kabinettsklausur in Schwerin. Die sicher geglaubte Stabilität in Europa sei durch den brutalen Angriff auf die Ukraine zerstört worden. „Dieser Krieg muss sofort gestoppt werden“, forderte sie. Für die Menschen in der Ukraine sei die Situation dramatisch. „Die Bilder bedrücken und bewegen mich.“ Das russische Militär bereitet sich nach Angaben der Ukraine auf eine Wiederaufnahme von Offensiven vor. Die Invasoren versuchten insbesondere, ukrainische Einheiten im Osten des Landes einzukesseln, sagt ein Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Zudem versuchten die russischen Streitkräfte weiter Mariupol und andere Städte einzunehmen. Es sei kein größerer Abzug russischer Truppen aus der Umgebung von Kiew oder Tschernihiw zu erkennen. Die Bundesregierung setzt angesichts eines drohenden Gasmangels auf mehr Strom aus Kohlekraftwerken. „Kohlekraftwerke werden mit mehr Volllast laufen als bisher“, sagt der Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, Patrick Graichen, nach einem Treffen der Energieminister der Länder. Zudem seien die Bürger und die Industrie aufgerufen, Energie einzusparen. Die Zahl der Toten nach einem russischen Raketentreffer auf die Gebietsverwaltung im südukrainischen Mykolajiw ist auf 15 gestiegen. Das teilte der Gouverneur des Gebiets, Witalij Kim, auf seinem Telegram-Kanal mit. Das Geschoss hatte am Dienstag ein klaffendes Loch in das Verwaltungshochhaus gerissen. Auch Kims Arbeitszimmer wurde nach seinen Angaben zerstört, er hatte sich aber nicht dort aufgehalten.34 Menschen seien verletzt worden, teilte der Gouverneur mit. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Aus der ukrainischen Regierung kommen nach den jüngsten Gesprächen mit Russland vorsichtig zuversichtliche Signale. „Ich habe einen optimistischen Eindruck von der Verhandlungsrunde in Istanbul“, sagte der ukrainische Unterhändler, Mychailo Podoljak, der zugleich Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist. Bevor es eine Volksabstimmung über eine Friedensvereinbarung mit Russland geben könne, müsse sich das russische Militär aber auf die Positionen vom 23. Februar zurückziehen. Einen Tag später waren russische Truppen in die Ukraine einmarschiert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Norwegens Rolle als verlässlicher Energieversorger für Europa unterstrichen. Das Vertrauen in Norwegen und seine Energielieferungen sei – ganz anders als gegenüber Russland – immer so groß wie nur möglich gewesen, sagte Selenskyj in einer Videoansprache vor dem norwegischen Parlament. „Sie können einen entscheidenden Beitrag zur Energiesicherheit in Europa leisten, indem Sie die notwendigen Ressourcen sowohl den Ländern der Europäischen Union als auch der Ukraine bereitstellen“, sagte er. Man habe den Dialog über Gaslieferungen für die nächste Heizsaison bereits aufgenommen. Er hoffe, dass daraus eine langfristige Zusammenarbeit entstehe. Die Bundesregierung lässt wegen geringerer Nachfrage weniger Sonderzüge zum dritten bundesweiten Drehkreuz für Ukraine-Flüchtlinge in Cottbus fahren. „Tatsächlich stellen wir seit dem Wochenende fest, dass die Sonderzüge aus Polen nur sehr schwach besetzt sind“, sagte der Leiter des Krisenstabs zur Erstaufnahme im Brandenburger Innenministerium, Andreas Keinath. Die Passagierzahlen der Züge nach Cottbus lägen meistens im zweistelligen Bereich. Die Planung des Bundes sehe nun vor, dass täglich nur noch zwei Sonderzüge aus Breslau nach Cottbus fahren. Von dort werde die Weiterleitung dann überwiegend mit Bussen organisiert, sagte Keinath in einer Sondersitzung des Sozial- und Bildungsausschusses des Landtags. Es führen aber auch Züge nach Hannover ins dortige Verteilzentrum für Geflüchtete. Italien hat sich für den Fall eines Friedensabkommens zwischen Russland und der Ukraine erneut als Sicherheitsgarant angeboten. Diese Rolle würde Rom annehmen, falls ein solcher Deal eine Neutralitätsklausel beinhalte, bekräftigte Außenminister Luigi Di Maio in Berlin, wo er an einem Treffen zum Thema Energie teilnahm. In jüngsten Gesprächen in Istanbul hatte sich die Ukraine dazu bereiterklärt, für ein mögliches Abkommen zur Beendigung des russischen Angriffskriegs einen neutralen Status anzunehmen.

Continue reading...