Youtube, Facebook und Whatsapp sind seit einigen Tagen in Nepal gesperrt. Kritiker sehen in dem Vorgehen der Regierung einen Angriff auf die Pressefreiheit. Bei einer Demonstration in Kathmandu gab es nun Tote und Verletzte.
Youtube, Facebook und Whatsapp sind seit einigen Tagen in Nepal gesperrt. Kritiker sehen in dem Vorgehen der Regierung einen Angriff auf die Pressefreiheit. Bei einer Demonstration in Kathmandu gab es nun Tote und Verletzte.Vor dem Parlament in Kathmandu gab es am Montag heftige Zusammenstösse zwischen der Polizei und Demonstranten.
Ein Verbot praktisch aller sozialen Netzwerke hat in Nepal wütende Proteste ausgelöst. Tausende Menschen gingen am Montag in der Hauptstadt Kathmandu auf die Strasse, um gegen die Sperrung von Plattformen wie Whatsapp, Facebook und Instagram zu protestieren. Die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und auch scharfe Munition ein, als jugendliche Demonstranten ins Parlament eindrangen. Mindestens vierzehn Personen wurden laut lokalen Medienberichten erschossen und Dutzende weitere verletzt.
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Die Regierung von Premierminister K. P. Oli hatte am Donnerstag überraschend angeordnet, mit sofortiger Wirkung sechsundzwanzig soziale Netzwerke zu blockieren. Sie stützte sich dabei auf einen Kabinettsbeschluss von 2023, der alle Betreiber sozialer Netzwerke auffordert, sich bei der Regierung zu registrieren, ein lokales Büro zu eröffnen und einen Ansprechpartner für Beschwerden zu ernennen. Die meisten Firmen leisteten dieser Aufforderung bis letzte Woche nicht Folge.
Seit Freitag sind nun populäre Kurzmitteilungsdienste wie Whatsapp, Messenger und Signal sowie soziale Netzwerke wie Facebook, Linkedin, X und Instagram in Nepal nicht mehr erreichbar. Nur noch eine Handvoll von Anbietern wie die chinesische Videoplattform Tiktok und der russische Mitteilungsdienst Telegram sind verfügbar. Tiktok hatte sich nach einem Verbot 2023 in Nepal registriert. Telegram hat unter dem Druck der Regierung kürzlich einen Antrag auf Registrierung gestellt.Das Verbot der Plattformen bedroht die Pressefreiheit
Das Vorgehen der Regierung erinnert an autoritäre Staaten wie China, Russland und die Türkei und überrascht durch seine Radikalität. Whatsapp und Facebook sind für einen Grossteil der Nepalesen als Kommunikationsmittel unabdingbar – insbesondere, um Kontakt mit den Millionen Nepalesen im Ausland zu halten. Auch viele Firmen nutzen die Online-Plattformen, um ihre Produkte zu verkaufen und ihre Dienstleistungen zu bewerben. Entsprechend dürfte das Verbot für viele Wirtschaftsbereiche einschneidende Folgen haben.
Kritiker sehen in der Blockade der sozialen Netzwerke eine Bedrohung der Pressefreiheit. Facebook und Co. sind nicht nur ein wichtiges Forum für Debatten, auch die klassischen Medien nutzen Videoplattformen wie Youtube intensiv zur Verbreitung ihrer Inhalte. Das Committee to Protect Journalists (CPJ) mahnte, für die Arbeit der Medien essenzielle Online-Plattformen zu sperren, gefährde die Berichterstattung und das Recht der Öffentlichkeit auf Information.
Die Regierung will aber noch weiter gehen. Sie hat einen Gesetzentwurf ins Parlament eingebracht, der alle Plattformen verpflichtet, sicherzustellen, dass Beiträge nicht die soziale, kulturelle und religiöse Harmonie gefährden. Alle Nutzer müssen sich mit ihrer echten Identität anmelden. Betreibern, welche den Frieden, die Sicherheit oder die Souveränität der Nation unterminieren oder die nationalen Interessen gefährden, will die Regierung künftig die Lizenz verweigern.Nepals Journalisten ging es bisher relativ gut
Nepal galt bislang in puncto Pressefreiheit als positive Ausnahme in Südasien. In dem Himalajastaat gibt es eine grosse Vielfalt an Medien. Während Pakistan, Bangladesh und Indien weit hinten auf der Rangliste der Pressefreiheit rangierten, schnitt Nepal nach dem Ende der Monarchie 2008 deutlich besser ab. Doch auch in Nepal steht es heute nicht gut um die Unabhängigkeit der Medien. Viele sind in der Hand der Regierung, zudem ist die Medienlandschaft stark politisiert.
Das Verbot der sozialen Netzwerke stiess bei vielen Medien auf Kritik. Die englischsprachige Zeitung «Kathmandu Post» schrieb dazu in einem Kommentar, die jungen Leute seien bereits zuvor unruhig gewesen. Sie hätten die Nase voll wegen des schlechten Zustands des Gesundheits- und des Bildungssystems, der verbreiteten Korruption und des Klientelismus – so sehr, dass viele keine Zukunft mehr im Land sähen. Das Verbot von Plattformen, die für ihren Lebensstil essenziell seien, werde ihre Desillusionierung nur noch verstärken.
Nach den tödlichen Zusammenstössen vor dem Parlament am Montag verhängten die Behörden eine Ausgangssperre über weite Teile der Stadt. Es erscheint aber unwahrscheinlich, dass die Regierung die Proteste so unter Kontrolle bekommt. Während die Demonstranten den Rücktritt von Premierminister Oli verlangten, forderte die Regierung die Armee an und berief eine Krisensitzung des Kabinetts ein.