Erbschaftssteuer: Spahns Kritik an Vermögensverteilung erhält große Zustimmung – „Es werden Milliarden verschenkt“
In das Thema Erbschaftssteuer kommt Bewegung. Nachdem CDU-Fraktionschef Jens Spahn erstmals eine Privilegierung Vermögender eingeräumt hat, bekommt er nun positive Resonanz aus dem eigenen Lager.
In das Thema Erbschaftssteuer kommt Bewegung. Nachdem CDU-Fraktionschef Jens Spahn erstmals eine Privilegierung Vermögender eingeräumt hat, bekommt er nun positive Resonanz aus dem eigenen Lager.
Die Bereitschaft von Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU), aus der ungleichen Verteilung von Vermögen in Deutschland politische Konsequenzen zu ziehen, ist im Regierungslager auf ein positives Echo gestoßen. SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf sagte der „Rheinischen Post“: „Wir haben in Deutschland eine extreme Ungerechtigkeit, was die Verteilung von Vermögen angeht. Jedes Jahr werden 400 Milliarden Euro in diesem Land vererbt, von denen nur ein ganz kleiner Teil überhaupt steuerpflichtig ist. Das sorgt für eine massive Schieflage, die wir seit Jahren anprangern.“
Der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA), Dennis Radtke, sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ): „Bei der Erbschaftssteuer werden jedes Jahr Milliardenbeträge verschenkt, weil es Ausnahmetatbestände gibt, die sie den Normalverdienern nicht mehr erklären können. Deshalb sollten wir nicht die Sätze ändern, wohl aber ungerechtfertigte Ausnahmen streichen.“ Spahn hatte darauf verwiesen, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Erbschaftsteuer erwartet werde und die Koalition die Steuer dann möglicherweise neu regeln werde.
Mit Spahn hatte erstmals ein konservativer Spitzenpolitiker eine Privilegierung Vermögender eingeräumt. „Wer schon hatte, hat immer mehr“, sagte der CDU-Politiker in der Talkshow „Maybrit Illner“. „Wir hatten in den letzten Jahren, gerade in der Niedrigzinsphase, die Situation, dass Vermögen eigentlich ohne größeres eigenes Zutun von allein fast gewachsen ist. Immobilienwerte, Aktienwerte und anderes mehr.“ Spahn fügte hinzu: „Es ist ein Problem, die Vermögensverteilung.“
Im Fokus der Diskussion steht derzeit die Erbschaftsteuer, bei der Änderungen leichter umzusetzen sind als die Wiedereinführung einer Vermögensteuer. Kritik kam von der nicht mehr im Bundestag vertretenen FDP. Generalsekretärin Nicole Büttner sagte: „Eine Erhöhung der Erbschaftsteuer würde nicht nur die Probleme unserer Wettbewerbsfähigkeit verschärfen, sie träfe auch die Unternehmensnachfolgen und belastete damit gerade die nächste Generation an Arbeitsplätzen.“ Spahns Bereitschaft zu solchen Steuererhöhungen offenbare „die vollständige Absage des angekündigten Politikwechsels“.
Klüssendorf betonte, bei einer Reform der Erbschaftsteuer gehe es nicht – wie vom politischen Gegner behauptet – um das einfache Familienheim. „Dann heißt es schnell von konservativer Seite, wir würden ja an das vererbte Haus der Oma ran. Das ist Quatsch. Es geht ausdrücklich nicht um die gesellschaftliche Mitte“, sagte der SPD-Politiker. Es wäre nur gerecht, wenn Milliardäre Verantwortung übernehmen und sich an den Kosten für das Gemeinwesen beteiligen würden. „Dass nun auch Jens Spahn in diese Richtung argumentiert, lässt mich hoffen, dass wir gemeinsam etwas hinbekommen für mehr Steuergerechtigkeit in diesem Land.“
Der CDA-Vorsitzende Radtke sprach sich gegen eine pauschale Erhöhung der Spitzensteuersätze auf Einkommen, die auch bisweilen debattiert wird, aus. „Inzwischen zahlen ja schon viele Facharbeiter in der Industrie den Spitzensteuersatz und nicht erst die Superreichen.“ Es müssten alternative Modelle „mit Entlastungen für die Mitte und moderater Anhebung für Spitzenverdiener“ entwickelt werden.
dpa/fro