Wegen abgesagter Wahlkampfauftritte im Vorfeld des Referendums sind derzeit die Beziehungen zwischen der Türkei und einigen Ländern angespannt. Alle Entwicklungen im News-Blog.
Trotz Protesten aus Europa hat der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan erneut mit einem Nazi-Vergleich nachgelegt. «Das ist der neue Nationalsozialismus», sagte Erdogan am Donnerstag mit Blick auf die Niederlande vor Anhängern im westtürkischen Sakarya. Erdogan wiederholte zudem den Vorwurf der letzten Tage und lastete Den Haag erneut das Srebrenica-Massaker in Bosnien-Herzegowina an.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bezeichnete seine Vorwürfe am Freitag als «abwegig» rief ihn zur Mäßigung auf. «Ich habe nicht die Absicht, mich an diesem Wettlauf der Provokationen zu beteiligen», sagte sie der «Saarbrücker Zeitung».
Mit Blick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs, wonach Kopftücher am Arbeitsplatz unter bestimmten Umständen verboten werden dürfen, sagte Erdogan: «Meine werten Brüder, sie haben einen Kampf Kreuz gegen Halbmond angefangen. » Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu warnte vor «Religionskriegen» in Europa.
Erdogan bekräftigte, die Niederlande würden für den Eklat um den Wahlkampfauftritt türkischer Minister «bezahlen». An Ministerpräsident Mark Rutte gerichtet sagte er: «Hey Rutte, du magst die Wahl als erste Partei gewonnen haben, aber Du musst wissen, dass du einen Freund wie die Türkei verloren hast. »
Die EU-Kommission hat die Türkei zur Einhaltung des gemeinsamen Flüchtlingsabkommens aufgerufen. «Wir erwarten, dass beide Seiten ihre Verpflichtungen einhalten», sagte ein Sprecher der Behörde am Donnerstag in Brüssel. Bei dem Vertrag handele es sich um «ein Engagement gegenseitigen Vertrauens, das Resultate zum Ziel hat». Das Abkommen sei im Interesse beider Seiten und auch in dem der syrischen Flüchtlinge.
Damit reagierte die Behörde auf eine Drohung des türkischen Außenministers Mevlut Cavusoglu, das im März 2016 getroffene Abkommen aufzukündigen. «Wir können die Abmachung einseitig beenden», hatte der Minister in einem Fernsehinterview am Mittwoch gesagt. Hintergrund war die diplomatische Eskalation mit Deutschland und den Niederlanden, wo Wahlveranstaltungen türkischer Minister untersagt worden waren.
Das im März 2016 zwischen EU und Türkei vereinbarte Flüchtlingsabkommen sieht vor, dass Ankara alle auf den griechischen Inseln eintreffenden Flüchtlinge zurücknimmt. Für jeden so abgeschobenen Syrer soll die EU einen syrischen Flüchtling aus der Türkei aufnehmen. Außerdem sagte die EU Milliarden-Zahlungen für die Versorgung der syrischen Flüchtlinge in der Türkei zu. Ankara wurde auch in Aussicht gestellt, den Türken rascher Visa-Freiheit zu gewähren, doch gibt es in dieser Frage seit Monaten keine Fortschritte. Auch die Beitrittsverhandlungen zur EU sollten beschleunigt werden. Die Beitrittsgespräche dehnte die EU zwar auf zwei neue Bereiche aus. Im Dezember stoppten die EU-Staaten aber wegen des massiven Vorgehens von Präsident Recep Tayyip Erdogan gegen Regierungsgegner nach dem Putschversuch vom Juli jede weitere Ausweitung.
Die türkische Oppositionspartei HDP hat der Bundesregierung geraten, im Streit um Auftrittsverbote für türkische Politiker «cool» zu bleiben. Der HDP-Abgeordnete Mithat Sancar sagte am Donnerstag in Berlin, Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan suche die Konfrontation mit europäischen Regierungen, damit die sachlichen Argumente gegen das von ihm angestrebte Präsidialsystem in den Hintergrund träten. Dieses Ziel habe er auch schon zum Teil erreicht.
Über den Inhalt des Verfassungsreferendums, das die Türkei «in eine Autokratie verwandeln» würde, werde nicht mehr diskutiert, beklagte Sancar. Stattdessen werde in der Türkei und auch unter den Deutschtürken die Frage diskutiert: «Ist unsere Ehre jetzt verletzt, und wer schützt unsere Ehre? » Viele Menschen glaubten, sie würden dadurch, dass Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Europa verhindert wurden, als Türken oder als Muslime «erniedrigt». Da sich Erdogan in der Türkei schon mit Kurden, Laizisten und verschiedenen anderen Gruppen angelegt habe, suche er jetzt für die Mobilisierung der Wähler im Ausland ein neues Feindbild.
Trotz der wiederholten Attacken aus Ankara wollen Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande Wahlkampfauftritte türkischer Politiker im jeweiligen Land nicht generell verbieten. Die Genehmigung gelte aber nur, wenn präzise Voraussetzungen und Vorgaben erfüllt seien: «So müssen sie rechtzeitig und transparent angemeldet werden und deutsches beziehungsweise französisches Recht und Gesetz strikt einhalten», teilte Regierungssprecher Steffen Seibert am Donnerstag nach einem Telefonat beider Politiker mit. Nazi-Vergleiche aus der türkischen Regierung wiesen beide als «inakzeptabel» zurück.
Die prokurdische türkische Oppositionspartei HDP rät der Bundesregierung, im Streit um Auftrittsverbote für türkische Politiker «cool» zu bleiben. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan suche die Konfrontation mit europäischen Regierungen, damit die sachlichen Argumente gegen das von ihm angestrebte Präsidialsystem in den Hintergrund träten, sagte der HDP-Abgeordnete Mithat Sancar in Berlin. Dieses Ziel habe er auch schon zum Teil erreicht.
An diesem Freitag will der Vizechef der türkischen Regierungspartei AKP, Mehmet Mehdi Eker, in Hannover für die umstrittene türkische Verfassungsreform werben. Er sei Gast einer Informationsveranstaltung der AKP-nahen Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), sagte deren Generalsekretär Bülent Bilgi. Die Stadt Hannover führe derzeit Gespräche mit Stellen des Landes und der Polizei, sagte ein Sprecher. «Wir gehen davon aus, dass in Abstimmung mit dem Land heute entschieden wird, ob die Veranstaltung stattfinden kann. » Ein für Sonntag in Bremerhaven geplanter Auftritt einer türkischen AKP-Abgeordneten wurde von der Vermieterin des Saals abgesagt.
Staatschef Erdogan setzt gut einen Monat vor dem Referendum über ein autoritäres Präsidialsystem auf Eskalation. Lesen Sie hier die Analyse unseres Kollegen Simon Kaminski.
Die diplomatische Krise zwischen der Türkei und den Niederlanden wirkt sich jetzt auch auf das Rindvieh aus: Ein türkischer Züchterverband kündigte am Mittwoch an, eine Gruppe niederländischer Kühe aus Protest gegen das Verhalten Den Haags des Landes zu verweisen. «Die erste Gruppe Holsteiner ist verladen worden und wird zurückgeschickt», sagte Bülent Tunc vom Türkischen Verband der Viehproduzenten.
«In Zukunft wollen wir keine Tierprodukte mehr aus Holland», sagte Tunc der Nachrichtenagentur Anadolu. Die Türkei werde in Zukunft eigene Kühe züchten. Sollten die Niederlande die Kühe nicht zurücknehmen, würden sie geschlachtet und ihr Fleisch verteilt. Die Niederlande und die Türkei erleben derzeit die schwerste Krise ihrer Beziehungen, nachdem Ankara auf die Absage türkischer Wahlkampfauftritte mit wüsten Vorwürfen reagiert hatte.
Die Bundesregierung hat türkische Wahllokale in Deutschland für das umstrittene Verfassungsreferendum genehmigt. Eine entsprechende Verbalnote wurde der türkischen Botschaft in Berlin am Dienstag zugestellt, wie Außenamts-Sprecher Martin Schäfer am Mittwoch in Berlin sagte. Die Bundesregierung verlange ihrerseits von Ankara eine «konstruktive Zusammenarbeit» bei der Vorbereitung der Wahlen. Dies gelte ausdrücklich auch für Wahlkampfveranstaltungen.
Die Bundesregierung stehe auch bei den derzeit «schwierigen Wetterverhältnissen» zwischen Berlin und Ankara zu ihren demokratischen Grundsätzen, sagte Außenamts-Sprecher Schäfer. Die türkische Regierung müsse sich aber «ganz klar an deutsches Recht und deutsches Gesetz» halten. Andernfalls behalte sich die Bundesregierung vor, «alle notwendigen, geeigneten und verhältnismäßigen Maßnahmen zu ergreifen». Das schließe auch «die Überprüfung etwa bereits erteilter Genehmigungen» ein.
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte, Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und andere Vertreter der Bundesregierung hätten mehrfach gesagt, dass beispielsweise «diese völlig deplatzierten NS-Vergleiche» gegenüber Deutschland und anderen europäischen Ländern aufhören müssten. Die Verbalnote an die türkische Regierung sei auch vor dem Hintergrund der Eskalationen der vergangenen Tage entsprechend präzise formuliert worden.
Hacker haben sich Zugang zu Tausenden Twitter-Accounts verschafft und darüber Anfeindungen gegen die Niederlande und Deutschland verbreitet. Auch auf verifizierten Accounts mit großer Followerzahl fanden sich am Mittwoch Nachrichten mit den Hashtags #Nazialmanya und #Nazihollanda, einem Hakenkreuz-Symbol und dem Satz «Wir sehen uns am 16. April».
An diesem Datum steht in der Türkei das Referendum über das vom Präsidenten Recep Tayyip Erdogan angestrebte Präsidialsystem an. Unter den betroffenen Accounts waren die offiziellen Twitter-Auftritte von Borussia Dortmund, Klaas Heufer-Umlauf, ProSieben, Boris Becker und Amnesty International. Twitter bestätigte am Vormittag Hackerangriffe auf Nutzerkonten. Die Angriffe seien über eine unabhängige App erfolgt, erklärte ein Sprecher. Der Online-Analysedienst Twitter Counter mit Sitz in Amsterdam bestätigte, dass seine App betroffen sei. Wegen der Schmähungen gegen Deutschland und die Niederlande sei eine Untersuchung eingeleitet worden.
Die Bundesregierung bringt angesichts abfälliger Attacken der türkischen Regierung ein Einreiseverbot für türkische Spitzenpolitiker ins Spiel. Deutschland habe die rechtliche Möglichkeit, die Einreise ausländischer Regierungsmitglieder zu unterbinden, sagte der Chef des Bundeskanzleramts, Peter Altmaier, der Funke-Mediengruppe. «Dass die Bundesregierung bisher nicht ihre völkerrechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft hat, ist keine Freikarte für die Zukunft», sagte der CDU-Politiker. «Ein Einreiseverbot wäre das letzte Mittel. Das behalten wir uns vor. »
Das Saarland will Wahlkampfauftritte türkischer Politiker unterbinden. Die Regierung werde «alle Möglichkeiten ergreifen, solche Auftritte auf saarländischem Boden zu verbieten», kündigte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) am Dienstag in Saarbrücken an. Innertürkische Konflikte hätten in Deutschland «nichts zu suchen». Im Saarland wird Ende März ein neuer Landtag gewählt.
Kramp-Karrenbauer berief sich bei der Ankündigung dieses Schritt auf das Aufenthaltsgesetz. Nach Paragraf 47 dieses Gesetzes habe jedes Bundesland die Möglichkeit, «die politische Betätigung von Ausländern zu untersagen, wenn das friedliche Zusammenleben von Deutschen und Ausländern gefährdet ist». Wahlkampfauftritte, die den inneren Frieden gefährdeten, gehörten verboten, erklärte die Ministerpräsidentin.
Das Saarland werde nicht warten, bis der Bund die Fragen grundlegend regle oder gar eine EU-weite Vorgehensweise gefunden sei, begründete die CDU-Politikerin ihren Vorstoß. «Die durch Nazivergleiche und Beschimpfungen hervorgerufene Stimmung darf nicht eskalieren», erklärte Kramp-Karrenbauer.
Vor dem Start des Referendums über eine Verfassungsreform in der Türkei gibt es noch einige der umstrittenen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Baden-Württemberg. Die Abgeordnete der türkischen Regierungspartei AKP, Ayse Sula, wird vom 16. bis 18. März in Stuttgart sein. Nach weiteren Angaben des Innenministeriums vom Dienstag ist ihr Kollege Yalçin Akdogan am 18./19. in Mannheim. Zur selben Zeit tritt der Abgeordnete Mahir Ünal in Karlsruhe und Stuttgart auf. Vom 24. bis 25. März ist AKP-Berater Ozan Ceyhun in Stuttgart und Mannheim unterwegs. In welchen — öffentlichen oder privaten — Gebäuden die Politiker ihre Veranstaltungen abhalten, war dem Innenministerium nicht bekannt.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat Völkermord-Vorwürfe der Türkei als «widerliche Geschichtsverfälschung» zurückgewiesen. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan hatte zuvor den Niederlanden den Genozid von Srebrenica 1995 angelastet. Das sei inakzeptabel und unerträglich, sagte Rutte am Dienstag im niederländischen Fernsehen.
Ungeachtet aller Appelle zur Deeskalation hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan erneut Bundeskanzlerin Angela Merkel angegriffen. Den Niederlanden warf Erdogan wegen der Auftrittsverbote für türkische Minister zugleich «Staatsterrorismus» und eine «neonazistische Gesinnung» vor.
«Die Länder, die für dieses Banditentum Hollands eintreten, haben all ihr Ansehen verloren», sagte Erdogan am Dienstag bei einem Auftritt in Ankara. «Da kommt die Kanzlerin Deutschlands und sagt, ich bin auf der Seite Hollands. Wir wissen ohnehin, dass Du Dich von denen nicht unterscheidest. Wir erwarten ohnehin nichts anderes. Die greifen mit ihren Pferden und Kötern an, genauso wie Du mit Deinen Pferden und Kötern angreifst. Zwischen Euch gibt es keinen Unterschied. »
Erdogan spielte auf die Polizeieinsätze in den Niederlanden gegen Demonstranten an, die gegen die Auftrittsverbote türkischer Minister in Rotterdam am Wochenende protestiert hatten. Die Polizei hatte dabei Pferde und Hunde eingesetzt. Der Angriff eines Polizeihundes, der sich in das Bein eines türkischen Demonstranten verbissen hatte, hatte in der Türkei für Empörung über Parteigrenzen hinweg gesorgt.
Erdogan fügte hinzu: «Von nun an werden Länder, allen voran Holland, die sich der neonazistischen Gesinnung unterwerfen und für ein paar Stimmen menschliche Grundwerte ignorieren, überhaupt keine Glaubwürdigkeit mehr haben. Holland hat mit dem Staatsterrorismus, den es Samstagnacht demonstriert hat — das sage ich mit Nachdruck — am meisten Europa und der Europäischen Union geschadet. »
Erdogan lastete den Niederlanden auch das Massaker im bosnischen Srebrenica an. «Wir kennen Holland und die Holländer noch vom Massaker von Srebrenica», sagte Erdogan. «Wie verdorben ihre Natur und ihr Charakter ist, wissen wir daher, dass sie dort 8000 Bosniaken ermordet haben. » Erdogan fügte hinzu: «Niemand soll uns Lektionen in Zivilisation geben. Dieses Volk hat ein reines Gewissen. Aber deren Gewissen ist pechschwarz. » Tatsächlich hatten das Massaker in Srebrenica 1995 bosnisch-serbische Truppen verübt. Niederländische Blauhelm-Soldaten der Vereinten Nationen hatten den Angreifern die Stadt zuvor allerdings kampflos überlassen.
Die Bundesregierung will nicht dulden, dass türkische Politiker Migranten in Deutschland aufwiegeln. «Wir sollten nicht die Integrationserfolge der letzten Jahrzehnte gefährden», warnte Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) am Dienstag nach einer Sitzung der Deutschen Islamkonferenz (DIK) in Berlin. Die Deutschtürken dürften sich nicht in eine Haltung hineintreiben lassen, in der andere als «Verräter» oder «Nazis» abgestempelt würden.
Die Bundesregierung werde nicht auf jeden Nazi-Vergleich und jede Provokation aus Ankara aufgeregt reagieren, erklärte de Maizière. Damit würde man nur den Befürwortern des Präsidialsystems in der Türkei in die Hände spielen. Diese versuchten, sich in der «Opferrolle» zu präsentieren. Dies sei ein durchsichtiges Manöver.
Die Türkei hat die Erklärung der EU zur aktuellen diplomatischen Krise als «wertlos» bezeichnet. «Die kurzsichtige Erklärung der EU hat für unser Land keinen Wert», teilte das türkische Außenministerium am Dienstag mit. Brüssel hatte Ankara am Montag aufgefordert, «auf überzogene Erklärungen und Handlungen zu verzichten, welche die Lage weiter zu verschärfen drohen».
Österreich will mögliche Wahlkampfauftritte türkischer Politiker im Land nicht hinnehmen. Nach den gewalttätigen Auseinandersetzungen von Rotterdam sei klar, dass das Land versuchen müsse, solche Auftritte zu unterbinden, sagte Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) am Montagabend in der ORF-Nachrichtensendung «ZiB2». Die Türkei fahre eine bewusste Eskalationsstrategie, die sie möglicherweise auch in Österreich fortsetzen wolle. Europa dürfe nicht naiv sein. «Warum es hier geht, ist nicht mehr nur eine Frage der Versammlungsfreiheit, sondern es ist eine Auseinandersetzung des politischen Islams mit den europäischen Werten», betonte der Sozialdemokrat.
Werbeauftritte für das demokratieschädliche türkische Verfassungsreferendum seien eine «Pervertierung der Versammlungsfreiheit», so Kern. Unter diesen Umständen sei es richtig, eine solche Veranstaltung nicht zuzulassen. Nach dem Auftrittverbot für türkische Politiker in den Niederlanden war es am Wochenende zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in Rotterdam gekommen. In Österreich leben rund 120.000 Türken. Tausende von ihnen sollen die eigentlich verbotene doppelte Staatsbürgerschaft besitzen. Dies will Kern nun genauer prüfen lassen.
Nach dem Eklat um den verhinderten Auftritt der türkischen Familienministerin in Rotterdam entzieht Ankara niederländischen Diplomaten die Landeerlaubnis. Der Luftraum für Maschinen mit Diplomaten aus dem Land sei ab sofort gesperrt, sagte der stellvertretende Ministerpräsident Numan Kurtulmus am Montagabend in Ankara. Gespräche auf höherer Ebene würden zudem bis auf weiteres ausgesetzt. Der niederländische Botschafter, der sich zurzeit im Ausland aufhalte, dürfe vorerst nicht in die Türkei zurückkehren.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan setzt unvermindert auf Konfrontation mit Europa — und greift jetzt auch Kanzlerin Angela Merkel persönlich an. In einem Interview des türkischen Senders A Haber bezichtigte er die Kanzlerin am Montag der Unterstützung der kurdischen Arbeiterpartei PKK. «Verehrte Merkel, Du unterstützt Terroristen», sagte Erdogan. Deutschland gehe nicht gegen die PKK vor, obwohl es diese zur Terrororganisation erklärt habe.
In Berlin bezeichnete Regierungssprecher Steffen Seibert Erdogans Vorwurf als «erkennbar abwegig». «Die Bundeskanzlerin hat nicht die Absicht, sich am Wettlauf der Provokationen zu beteiligen. Sie macht das nicht mit», erklärte Seibert.
In der Krise um Wahlkampfauftritte türkischer Minister in Europa hatte Merkel zuvor den Niederlanden ihre «volle Unterstützung und Solidarität» zugesichert. Sie kritisierte insbesondere Äußerungen Erdogans, der niederländische Regierungsmitglieder als «Nazi-Überbleibsel» bezeichnet hatte. Nazi-Vergleiche führten «völlig in die Irre», sagte Merkel. «Gerade mit Blick auf die Niederlande, die so gelitten haben unter dem Nationalsozialismus, ist das völlig inakzeptabel. »
Die Bundeswehr bleibt trotz der Krise in den deutsch-türkischen Beziehungen im türkischen Incirlik stationiert. Das Verteidigungsministerium erklärte am Montag, dass die Sicherheit der Soldaten auf dem Luftwaffenstützpunkt weiterhin gewährleistet sei. «Unseren Soldatinnen und Soldaten in der Türkei geht es gut», sagte Sprecher Jens Flosdorff.
In Incirlik sind deutsche «Tornado»-Aufklärungsjets und ein Tankflugzeug für den Kampf gegen die Terrororganisation Islamischer Staat in Syrien und im Irak stationiert. Sie sind Teil der Anti-IS-Koalition, der mehr als 60 Länder angehören. Das Ministerium hat zwar bereits Alternativstandorte etwa in Jordanien und Kuwait prüfen lassen, hält aber Incirlik weiterhin militärisch für den besten Standort. «Man könnte auf andere Basen ausweichen, aber das wäre mit starken Einschränkungen verbunden», sagte Flosdorff.
Das türkische Außenministerium hat den niederländischen Gesandten in Ankara zum dritten Mal in drei Tagen einbestellt. Die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu meldete am Montag unter Berufung auf diplomatische Kreise, die türkische Regierung habe nach dem Auftrittsverbot für zwei türkische Minister in Rotterdam außerdem zwei Protestnoten übermittelt. Darin fordere Ankara eine förmliche Entschuldigung der niederländischen Regierung und behalte sich zusätzlich «das Recht auf Entschädigung» vor.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich entschieden gegen Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland ausgesprochen. «Ich will das nicht. Ein türkischer Wahlkampf in Deutschland hat hier nichts verloren», sagte de Maizière am Sonntag im ARD-«Bericht aus Berlin». Er sei «politisch hart dagegen».
Wie die Niederlande Einreiseverbote gegen türkische Politiker zu verhängen, «muss man klug abwägen», fügte der Innenminister hinzu. Es gebe für solche Auftritte aber «klare Grenzen», zum Beispiel das Strafgesetzbuch. «Wer die Bundesrepublik Deutschland oder ihre verfassungsmäßige Ordnung beschimpft und böswillig verächtlich macht, macht sich strafbar. Dort wäre spätestens eine Grenze», fügte de Maizière hinzu.
Für den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan ist eine Normalisierung der Beziehungen zu den Niederlanden vorerst nicht in Sicht. «Was wollt ihr in Ordnung bringen? «, fragte Erdogan am Sonntag mit Blick auf die Regierung in Den Haag vor Anhängern im westtürkischen Kocaeli. Die Niederlande hätten sich «nicht wie ein Rechtsstaat, sondern wie eine Bananenrepublik verhalten». Erst müssten die Niederlande den Preis für dieses «unanständige» Verhalten bezahlen, sagte er.
„Assimilierung ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit.“ (Am 10. Februar 2008 vor 16 000 überwiegend türkischen Zuhörern in Köln)
„Wer Deutschkenntnisse zur wichtigsten Voraussetzung erklärt, verletzt die Menschenrechte.“ (Am 1. November 2011 in einem Interview der „Bild“-Zeitung)
„Die Entscheidung, die das deutsche Parlament soeben getroffen hat, ist eine Entscheidung, die Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei ernsthaft beeinflussen wird.“ (Am 2. Juni 2016 in Nairobi nach der Resolution des Bundestages, das Massaker an Armeniern während des Ersten Weltkrieges durch das Osmanische Reich als Völkermord zu verurteilen)
„Ihr habt das bei der Wiedervereinigung in noch größerem Ausmaß betrieben.“ (Am 10. August 2016 in Ankara nach Kritik aus Deutschland an den Entlassungen zehntausender Staatsbediensteter nach dem Putschversuch im Juli)
„Ich glaube nicht an die deutsche Justiz und habe auch keinen Respekt vor der deutschen Justiz in diesem Zusammenhang.“ (Am 13. August 2016 in einem RTL-Interview über das vom Bundesverfassungsgericht bestätigte Verbot einer Live-Schalte von Erdogan nach Köln im Juli)
„Im Moment ist Deutschland eines der wichtigsten Länder geworden, in denen Terroristen Unterschlupf finden.“ (Am 3. November 2016 in Ankara nach deutscher Kritik an neuerlichen Festnahmen von Journalisten in der Türkei)
„Ich dachte, dass der Nationalsozialismus in Deutschland beendet ist. Dabei dauert er immer noch an.“ (Am 5. März 2017 in Istanbul nach Absagen geplanter Wahlkampfauftritte türkischer Politiker in Deutschland) (dpa)
Die türkische Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya hat die Verhinderung ihres Auftritts im niederländischen Rotterdam scharf verurteilt. Das sei «antidemokratisch», sagte sie am Sonntag nach ihrer Rückreise in die Türkei am Istanbuler Flughafen Atatürk. Die Behandlung der niederländischen Behörden sei «grob und hart» gewesen. Die Niederlande habe die «Bewegungsfreiheit, die Redefreiheit, jede Art von Freiheit» ausgesetzt. Sie warf den niederländischen Sicherheitskräften zudem vor, türkische Staatsbürger mit Pferden und Hunden «angegriffen» zu haben. Sayan Kaya betonte, ihre Absicht sei gewesen, im türkischen Konsulat für das Präsidialsystem in der Türkei zu werben und nicht etwa, sich in innere Angelegenheiten der Niederlande einzumischen.
Im Streit um den verhinderten Auftritt der türkischen Familienministerin Fatma Betül Sayan Kaya in Rotterdam hat die Regierung in Ankara «schwerste» Gegenmaßnahmen angekündigt. Die Antwort darauf werde in der «schwersten Art und Weise» ausfallen, teilte der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim am Sonntagmorgen mit.
Weiter hieß es: «Unsere so genannten europäischen Freunde, die bei jeder Gelegenheit von Demokratie, freier Meinungsäußerung und Menschenrechten sprechen, sind angesichts dieser Ereignisse ein weiteres Mal eine Klasse sitzengeblieben. » Durch solche Ereignisse werde deutlich, wer die «wahren Freunde» seien. Er rief die im Ausland lebenden Türken zudem dazu auf, ruhig zu bleiben.
Der Streit um Auftritte türkischer Regierungsmitglieder in den Niederlanden ist am Samstagabend weiter eskaliert. Nachdem die Regierung in Den Haag dem türkischen Außenminister Mevlüt Cavusoglu tagsüber die Landung mit dem Flugzeug untersagt hatte, wurde abends Familien- und Sozialministerin Fatma Betül Sayan Kaya im Auto gestoppt. Sie sei vor dem türkischen Konsulat in Rotterdam von Sicherheitskräften aufgehalten worden, berichtete der niederländische Sender NOS.
Ministerpräsident Mark Rutte erklärte laut NOS, die Ministerin habe offenbar vorgehabt, eine Rede zu halten. «Was uns betrifft, darf sie das nicht tun», sagte Rutte. Dem Vernehmen nach war die Ministerin von Deutschland aus mit dem Auto nach Rotterdam gereist. Es sei unklar, ob sie noch am selben Abend nach Deutschland zurückkehren werde, hieß es in niederländischen Medien.
Auf Twitter schrieb die Ministerin: «Die Niederlande verletzen alle internationalen Gesetze, Konventionen und Menschenrechte, indem sie mich nicht ins türkische Konsulat in Rotterdam lassen. »
Netherlands is violating all international laws, conventions and human rights by not letting me enter Turkish Consulate in Rotterdam
Vor dem Konsulat hatten sich am Abend nach Angaben der niederländischen Nachrichtenagentur ANP etwa 1000 Türken versammelt. Sie folgten damit einem Aufruf der Regierung in Ankara.
Rotterdams Bürgermeister Ahmed Aboutaleb hatte für die Umgebung des Konsulats eine Notverordnung in Kraft gesetzt, derzufolge Ansammlungen nicht gestattet sind. Die Polizei ging jedoch zunächst nicht gegen Demonstranten vor. Zuvor hatte Ministerpräsident Rutte entschieden, dem türkischen Außenminister die Erlaubnis zur Landung in Rotterdam zu entziehen. Das Einreiseverbot erfolgte unter Hinweis auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit.
Cavusoglu hatte den Niederlanden für den Fall einer Behinderung seines geplanten Wahlkampfauftritts mit wirtschaftlichen und politischen Sanktionen gedroht. Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan beschimpfte die Niederländer als «Faschisten». Das türkische Außenministerium bestellte am Abend den niederländischen Geschäftsträger in Ankara ein. Ihm wurde mitgeteilt, dass eine Rückkehr des niederländischen Botschafters, der sich zurzeit nicht in der Türkei aufhält, unerwünscht sei.
Nach einem «Ja» beim Referendum über das Präsidialsystem am 16. April wird sich das türkische Parlament laut Präsident Recep Tayyip Erdogan mit der Wiedereinführung der Todesstrafe befassen. Bei einem Wahlkampfauftritt am Samstag in Istanbul sagte Erdogan, dafür habe er die Unterstützung des Parteichefs der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli. Die größte Oppositionspartei, die Mitte-Links-Partei CHP, und ihren Vorsitzenden Kemal Kilicdaroglu rief er auf, sich zu entscheiden, ob sie «mit von der Partie» seien. Für eine Wiedereinführung der Todesstrafe ist eine Änderung der Verfassung nötig, für die Erdogans islamisch-konservative AKP allein keine Mehrheit im Parlament hat. Nach dem vereitelten Putschversuch im vergangenen Sommer hat Erdogan mehrfach die Todesstrafe ins Spiel gebracht. Die EU hat deutlich gemacht, dass der Beitrittsprozess der Türkei damit beendet wäre.
© Source: http://www.augsburger-allgemeine.de/politik/Tuerkei-warnt-vor-Religionskrieg-und-Erdogan-attackiert-Europa-id40876406.html
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