Andrea Petkovic redet sich nach ihrem ersten Fed-Cup-Auftritt auf Hawaii in Rage. Enttäuscht über die Niederlage gegen Alison Riske, vor allem aber entsetzt über den Zwischenfall bei der Nationalhymne.
Eine peinliche Panne hat die Fed-Cup-Partie zwischen den USA und Deutschland auf Hawaii überschattet. Bei der Eröffnungszeremonie der Tennis-Begegnung am Samstag sang der Solist auf dem Center Court in Lahaina auf Maui bei der Nationalhymne die komplette erste Strophe des Deutschlandliedes.
«Das war ein schockierender Moment. Das ist mit Abstand das Schlimmste, was mir jemals passiert ist in meinem Leben», sagte Andrea Petkovic nach ihrer 6:7 (10:12), 2:6-Niederlage gegen Alison Riske. In Deutschland ist es zwar nicht mehr verboten, die erste Strophe des Deutschlandlieds zu singen, aber geächtet. Nur die dritte Strophe gilt als Nationalhymne.
Der Text für die drei Strophen des «Lieds der Deutschen» stammt von Heinrich Hoffmann von Fallersleben aus dem Jahr 1841. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde die erste Strophe zusammen mit der heute verbotenen NS-Kampfhymne «Horst-Wessel-Lied» gesungen.
Dass sich Julia Görges in der anschließenden Partie gegen Coco Vandeweghe am Knie verletzte und das Match beim Stand von 3:6, 1:3 aus Sicht der Bad Oldesloerin wegen Regens abgebrochen und auf Sonntag vertagt werden musste, passte ins Bild eines «Scheiß-Tages», wie es Bundestrainerin Barbara Rittner drastisch formulierte.
«Ich konnte das nicht glauben», sagte die sichtlich mitgenommene Teamchefin. «Ich hätte heulen können. Das war einfach ein unfassbar trauriger und schockierender Moment. Ich war fassungslos, wie das passieren konnte. Das finde ich unentschuldbar. Das ist ein Skandal. »
Wie es zu dem verhängnisvollen Fehler kommen konnte, war den Verantwortlichen des ausrichtenden amerikanischen Tennisverbandes zunächst unerklärlich. Zwar entschuldigten sich die Gastgeber sofort bei der Mannschaft, den mitgereisten Delegierten des Deutschen Tennis Bundes und den wenigen deutschen Fans im Royal Lahaina Resort. Doch vor allen die politisch interessierte und hochemotionale Petkovic fand den Vorfall unverzeihlich.
«Das war der Inbegriff der Ignoranz. Wir sind in 2017, wir sind im 21. Jahrhundert. Und dann kann und darf so etwas nicht mehr passieren», sagte die 29 Jahre alte Darmstädterin und fuhr unmissverständlich fort: «Ich habe mich noch nie in meinem Leben so respektlos behandelt gefühlt. Wenn wir irgendwo in Timbuktu spielen oder weiß der Geier wo, okay, aber in Amerika? Im 21. Jahrhundert? » Der ehemalige US-Profi Andy Roddick pflichtete ihr bei Twitter bei. «Sie hat recht. Das ist peinlich. So etwas richtig zu machen, ist eine einfache Sache. »
Um kurz nach elf Uhr Ortszeit hatte der Stadionsprecher gerade mit den üblichen Freundlichkeiten beide Teams begrüßt. Nur wenige Sekunden nachdem er die Zuschauer mit den Worten «Bitte erheben Sie sich für die Nationalhymnen» zum Aufstehen aufgefordert hatte, begann der Solist direkt gegenüber der Ehrentribüne zu singen.
Nach den ersten vier Worten schauten sich die Spielerinnen und Teambetreuer ungläubig an. Julia Görges schossen die Tränen in die Augen, Co-Trainer Dirk Dier schlug fassungslos die Hände vors Gesicht. Mannschaft und Zuschauer stimmten «Einigkeit und Recht und Freiheit» an, was aber gegen die Lautsprecher-verstärkte Stimme keine Chance hatte. Für einen kurzen Moment dachte Petkovic daran, das Stadion zu verlassen. Rittner überlegte, auf die andere Seite des Platzes zu gehen und dem Sänger das Mikrofon zu entreißen.
Peinlich berührt, verbreitete der US-Verband USTA eine Mitteilung und schickte sogar die neue Geschäftsführerin für den Bereich Profitennis, die ehemalige WTA-Vorsitzende Stacey Allaster, persönlich in den nur spärlich gefüllten Presseraum. «Die USTA bietet dem deutschen Fed-Cup-Team und den Fans eine aufrichtige Entschuldigung an. Dieser Fehler wird nicht wieder vorkommen», schrieb der Verband im Kurznachrichtendienst Twitter.
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