Es war einer der emotionalsten Prozesse in Israels Geschichte. Nach dem tödlichen Kopfschuss auf einen verletzt am Boden liegenden palästinensischen Attentäter ist der israelische Soldat Elor Asaria wegen Totschlags verurteilt worden. Dies teilte am Mittwoch ein israelisches Militärgericht in Tel Aviv mit. Die Verkündung des Strafmaßes wird innerhalb eines Monats erwartet. Asaria drohen bis zu 20 Jahre Haft. Für die einen ist er Mörder, für die anderen Held. Seine Verurteilung wegen Totschlags birgt sozialen Sprengstoff in Israel.
Der Todesschuss war von einem palästinensischen Mitarbeiter der Menschenrechtsorganisation Betselem gefilmt worden. Er sorgte in Israel für eine heftige Kontroverse.
Vor dem Militärhauptquartier protestierten am Mittwoch mehrere Hundert Menschen laut Polizei teilweise aggressiv für eine Freilassung Asarias. Demonstranten blockierten kurzzeitig die Straße. Die Polizei nahm zwei Personen fest. Ultrarechte Politiker wollen sich für eine Begnadigung einsetzen.
Israels Verteidigungsminister Avigdor Lieberman hat die Verurteilung als «hartes Urteil» beschrieben. Lieberman rief dazu auf, die Entscheidung des Tel Aviver Militärgerichts zu respektieren. Liebermann sagte, «auch jene wie ich, denen das Urteil weniger gefällt» müssten mit Zurückhaltung reagieren. Man müsse nun dem Soldaten und seiner Familie entgegenkommen und ihnen helfen, sagte der ultra-rechte Politiker, der sich auch zuvor für Asaria stark gemacht hatte.
Palästinenservertreter haben das Verfahren gegen Asaria als «Farce und Scheinprozess» kritisiert. Es sei darum gegangen, die Straftat als Tat eines Einzelnen darzustellen, teilte das palästinensische Außenministerium am Mittwoch mit. Dabei würden israelische Offizielle und Militärkommandanten zur Tötung von Palästinensern aufrufen und die Regeln zum Schusswaffengebrauch lockern, selbst wenn die Palästinenser keine Gefahr für Soldaten darstellten.
Der damals 18-jährige Sanitätssoldat Asaria hatte dem Attentäter im März des vergangenen Jahres in Hebron in den Kopf geschossen. Die Anklage hatte sich für eine Haftstrafe ausgesprochen. Asarias Anwalt erklärte hingegen, sein Mandant habe in Selbstverteidigung gehandelt.
Asaria sagte im Prozess aus, er habe befürchtet, dass der Palästinenser noch einen Sprengstoffgürtel unter seinem Mantel trage. Der Attentäter hatte zuvor einen anderen Soldaten mit einem Messer verletzt.
Die Vorsitzende Richterin Maja Heller lehnte allerdings die entscheidenden Argumente der Verteidigung als unglaubwürdig ab. Sie bezeichnete Asarias Aussage als «sich immer wieder verändernd und ausweichend». Der Schuss aus seiner Waffe sei tödlich gewesen für den Palästinenser. Der Mann sei «unnötigerweise» erschossen worden.
Die Verteidigung hatte auch argumentiert, dass der Angreifer schon vor dem Kopfschuss tot gewesen sei. Die Anklage hatte hingegen erklärt, Asaria habe aus Rache für seinen verletzten Kameraden gehandelt.
Bei strömendem Regen harrten am Morgen Demonstranten vor dem Gelände aus. Sie hielten Schilder mit Aufschriften wie «Die Nation steht hinter Dir» in die Höhe.
«Ich denke, jeder hat vergessen, was in diesem Fall passiert ist», sagte Ilana Leder, die Asaria unterstützt. «Jemand ist gekommen, um so viele Juden wie möglich zu töten. » Man könne darüber reden, ob die Reaktion von Elor Asaria gut gewesen sei oder nicht. «Aber dieses Kind muss nicht 15 Jahre ins Gefängnis», sagte die 49-jährige Frau aus Ashdod. «Dieses Kind ist wie mein Kind. »
Amir Levi war aus Jerusalem gekommen und sagte: «Er hat als Soldat seinen Job gemacht und dieses Land beschützt. » Der 45-Jährige in Militärhose und grauem Kapuzenpulli sieht eine Vorverurteilung des Soldaten in der Öffentlichkeit. «Das Verfahren war beendet, bevor es angefangen hat», sagte er, während er eine Stange mit einer großen Israel-Fahne in der Hand hielt.
Menschenrechtler werfen Israels Armee immer wieder vor, übertriebene Gewalt gegen Palästinenser einzusetzen. Seit Beginn einer Anschlagswelle vor mehr als einem Jahr sind 37 Israelis getötet worden, mehr als 250 Palästinenser kamen ums Leben — die meisten bei ihren eigenen Anschlägen. Die Armee betont, die Soldaten hätten strikte Anweisung, nur dann zu schießen, wenn ihr Leben in Gefahr sei.
(APA/dpa)
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