Start Deutschland Deutschland — in German Die Bilanz des Cannes-Festivals: Hauptpreise für beide Filme mit Sandra Hüller

Die Bilanz des Cannes-Festivals: Hauptpreise für beide Filme mit Sandra Hüller

141
0
TEILEN

In einem sehr guten, aber auch restaurativen Jahrgang gewinnt mit Justine Triet und ihrem Gerichtsdrama „Anatomy of a Fall“ zum dritten Mal eine Regisseurin die Goldene Palme. Alles läuft in Cannes nun auf einen Wandel hinaus.
In einem sehr guten, aber auch restaurativen Jahrgang gewinnt mit Justine Triet und ihrem Gerichtsdrama „Anatomy of a Fall“ zum dritten Mal eine Regisseurin die Goldene Palme. Alles läuft in Cannes nun auf einen Wandel hinaus.
Heute, 23:40 Uhr
Auch wenn man als Kritiker leicht dazu neigt, die Rolle von Filmfestivals als Seismograf des Weltgeschehens überzubewerten, so geben die zwölf Tage in Cannes zumindest doch einen repräsentativen Überblick über den Zustand des Weltkinos. Dieser Begriff wird an der Croisette noch einmal emphatischer und allumfassender verstanden als auf anderen Filmfestivals. Mit Empirie kommt man hier nur bedingt weiter, obwohl man sich in Cannes mit 41 in den verschiedenen Reihen vertretenen Ländern und sieben Regisseurinnen im Wettbewerb dieses Jahr auf der Höhe der gesellschaftlichen Debatten um Diversität und Repräsentation versteht. Das war zuletzt nicht immer so.
Und vielleicht ist die diesjährige Goldene Palme für die französische Regisseurin Justine Triet und ihren Film „Anatomy of a Fall“ ein Zeichen, dass in Cannes tatsächlich eine neue Ära angebrochen ist und sich der Wandel, gegen alle Widerstände, möchte man fast sagen, verstetigt. Dass die Jury um Ruben Östlund mit der 44-jährigen Triet nun zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren, nach dem diesjährigen Jury-Mitglied Julia Ducournau für „Titane“, einer französischen Filmemacherin den Hauptpreis in Cannes verleiht, deutet auch auf einen Generationenwechsel im französischen Kino hin. 
Triet gehört noch nicht lange zum inneren Zirkel von Cannes, erstmals war sie 2019 mit „Sibyl“ im Wettbewerb. Aber so wie sie und ihre drei Jahre jüngere italienische Kollegin Alice Rohrwacher in diesem Jahr von Publikum und Kritik gefeiert wurden, lässt darauf schließen, dass der Cannes-Kanon zu bröckeln beginnt.
Der Triunph von „Anatomy of a Fall“ hat aber auch maßgeblich mit seiner Hauptdarstellerin Sandra Hüller zu tun, die Triets Gerichtsdrama fast alleine trägt. Dass Hüller ebenfalls in Jonathan Glazers Auschwitz-Drama „The Zone of Interest“ (ausgezeichnet mit der zweitwichtigsten Palme, dem Großen Preis der Jury) die weibliche Hauptrolle spielt, macht sie zum heimlichen Star des Festivals – obwohl der Darstellerinnenpreis an die türkische Schauspielerin Merve Dizdar geht.
Hüller spielt in „Anatomy of a Fall“ die Schriftstellerin Sandra, die des Mordes an ihrem Mann verdächtigt wird. Der Film, der sich zunächst wie ein Whodunit entspinnt, entpuppt sich im Verlauf des Prozesses aber weniger als Versuch einer Urteilsfindung, sondern als die Anatomie einer Ehe. Hüller manövriert Sandra, die des Mordes angeklagt wird, bevor sie überhaupt die Zeit hat, den Tod ihres Ehemanns zu betrauern, emotional feinnervig durch die Verhandlung, in der sich die Schuldfrage irgendwann weniger um einen Mord dreht, sondern um das Scheitern einer Beziehung. 
Empfohlener redaktioneller Inhalt
An dieser Stelle finden Sie einen von unseren Redakteuren ausgewählten, externen Inhalt, der den Artikel für Sie mit zusätzlichen Informationen anreichert. Sie können sich hier den externen Inhalt mit einem Klick anzeigen lassen oder wieder ausblenden.
Ich bin damit einverstanden, dass mir der externe Inhalt angezeigt wird. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr Informationen dazu erhalten Sie in den Datenschutz-Einstellungen.

Continue reading...