Handball-WM im Internet: Ich guck' Sponsoren-TV
Hat gar nicht weh getan. Auch ohne ARD und ZDF in der ersten Reihe. Seit Mittwochabend präsentiert die Deutsche Kreditbank AG (DKB), die den Deutschen Handballbund sponsort, auf der Internetseite handball.dkb.de und auf Youtube Spiele der Handball-WM in Frankreich. Los ging es um 20 Uhr 45 mit dem Eröffnungsspiel Frankreich – Brasilien, kommentiert von Handball-Experte Uwe Semrau. Ein Name, an denen sich öffentlich-rechtliche Zuschauer/Sportfans erst gewöhnen müssen.
An die Übertragung nicht. Ein Spiel ist ein Spiel ist ein Spiel. Egal, wer hier wen sponsort. Kein großes Gedöns vorher und hinterher, Handball pur. Der Livestream begann fünf, sechs Minuten vor Spielbeginn mit dem Einlauf der Mannschaften in der Pariser Arena und endete ein paar Minuten nach Spielende mit Impressionen aus der Halle. Oben rechts im Bild natürlich als Dauer-Einblendung, dort, wo sonst das Erste steht: das Logo der Kreditbank. In der Pause: Ruhe, Hallen-Atmo, ein paar Szenen aus der ersten Halbzeit. Wo die ARD sonst (jedenfalls vor 20 Uhr) reichlich Werbung bringt.
Wer sich schon das eine oder andere Fußballspiel beim neuen Sportstreamingdienst dazn.com oder bei Youtube mit dem Smartphone angeschaut hat, kommt mit dem kleineren Bildschirm klar, weitestgehend ruckelfrei.
Auch mit dem unaufgeregten Kommentar von Uwe Semrau, einstmals bei Sport1. Der Mann war bestens vorbereitet – die großen Namen der Franzosen, die unbekannten der Brasilianer, das letzte Zusammentreffen der beiden Länder bei der WM – bezeugte Fachwissen bei kniffligen Entscheidungen, die es im Handball zuhauf gibt. Ein Co-Kommentator oder Experten à la Stefan Kretzschmar sind nicht vonnöten. Einziges Manko dieser Übertragung: Das Spiel war langweilig, schnell entschieden, Favorit Frankreich haushoch überlegen, Endergebnis 31:16. Dafür kann die Bank nichts.
Vorher hatte es ja wegen der Rechte-Vergane reichlich Ärger gegeben, d er Deutsche Handballbund (DHB) erst mal das katarische Netzwerk beIN Sports attackiert. „Dieser Rechteinhaber ist wirklich ein Ärgernis“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Nationalspieler Tobias Reichmann monierte obendrein, dass sich der Weltverband IHF trotz der Probleme offenbar nicht eingeschaltet habe. „Vor zwei Jahren haben wir noch eine Wildcard für die WM bekommen, weil Deutschland angeblich so wichtig für den Handball ist. Jetzt kommt kein Wort vom IHF“, sagte der Rechtsaußen der Deutschen Presse-Agentur.
Warum auch? Ein totaler Blackout sieht anders aus. ARD und ZDF sind draußen, besser im Netz als nirgends, und wie oft haben wir uns schon über das überbordende Experten-Geplapper bei Sportevents via ARD und ZDF aufgeregt, ganz zu schweigen davon, dass es Zeiten gab, wo die ARD vollkommen unkritisch Tour de France übertrug.
Einen deutschen TV-Kommentar gibt es bei dieser Handball-WM allerdings erst wieder am Freitag, um 17 Uhr 45, beim ersten Spiel der deutschen Mannschaft gegen Ungarn, auch wieder via Youtube. Neben dem Eröffnungsspiel werden nur die Halbfinalspiele und das WM-Finale von einem deutschen Kommentator am Mikrofon begleitet.
Bei Spielen ohne deutschen Kommentator hören die Zuschauer den englischen Kommentar des Signalgebers. Mehr Investition in dieses Turnier braucht/wagt die Bank, dieser ungewöhnliche Rundfunkbetreiber, nicht. Was soll’s, manch‘ einer stellt bei Sportübertragungen eh den Ton ab..
© Source: http://www.tagesspiegel.de/medien/handball-wm-im-internet-ich-guck-sponsoren-tv/19240526.html
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