Elbphilharmonie – Ein Wahrzeichen wird eröffnet
Ursprünglich sollte diese Feier schon vor sieben Jahren begangen werden. Aber dann dauerte der Bau der Elbphilharmonie länger als geplant, viel länger. Heute wird das Konzerthaus im Hamburger Hafen nun unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen eröffnet. Es ist ein Ereignis, das weit über die Stadtgrenzen hinausstrahlt. Bundespräsident Joachim Gauck, Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier reisen an. Sie sind unter den mehr als 2.000 Gästen, die das Eröffnungskonzert erleben können. Zudem sitzen etwa 500 Musikfans im Großen Saal, die bei der Verlosung für die beiden Eröffnungskonzerte eine Karte gewonnen haben. Der NDR überträgt den Abend live im Fernsehen, Radio und auf NDR.de.
Das genaue Musikprogramm des Eröffnungskonzerts ist geheim. Nur so viel ist bekannt: Chefdirigent Thomas Hengelbrock und das NDR Elbphilharmonie Orchester eröffnen den spektakulären Konzertsaal mit einer musikalischen Reise von der Renaissance bis zur Gegenwart. Weltweit gefeierte Solisten wie Pavol Breslik, Sir Bryn Terfel und Philippe Jaroussky sind dabei. Auf dem Programm stehen unter anderem Werke von Ludwig van Beethoven, Bernd Alois Zimmermann, Richard Wagner – sowie eine Uraufführung von Wolfgang Rihm.
Der Abend beginnt aber mit einem Festakt um 18.30 Uhr – ebenfalls im Großen Saal. Die Festrede hält Architekt Jacques Herzog. Auch Bundespräsident Joachim Gauck, Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz und der Intendant der Elbphilharmonie, Christoph Lieben-Seutter, kommen zu Wort. Im Stadtbild wird die Eröffnung nicht zu übersehen sein: Eine Lichtshow soll den Bau in der Dunkelheit spektakulär illuminieren. Von den Landungsbrücken und der Promenade am Baumwall ist der Blick laut Veranstaltern am besten. Wer die Lichtshow zu Hause oder unterwegs verfolgen möchte: NDR.de wird sie im Video-Livestream übertragen – ebenso wie die Pressekonferenz von 13 Uhr bis 14 Uhr.
Für die Schweizer Architekten Jacques Herzog und Pierre de Meuron endet mit der Eröffnung ein Projekt, das sie weit mehr als ein Jahrzehnt beschäftigt hat. Im Sommer 2003 stellten sie ihren Entwurf für das Konzerthaus auf dem Kaispeicher A der Öffentlichkeit vor. Im April 2007 erfolgte dann die Grundsteinlegung. Ein neues Wahrzeichen Hamburgs sollte entstehen – so wie es Sydney mit seinem Opernhaus gelungen ist. Die Fertigstellung der Elbphilharmonie war bei Baubeginn für 2010 geplant. “Vor uns liegen spannende Jahre”, sagte der städtische Projektkoordinator Hartmut Wegener bei der Grundsteinlegung. “Wir sind zuversichtlich, den ambitionierten Bauzeitenplan einzuhalten, wenn der Wettergott gnädig ist. ” Aber am Wettergott hat es dann nicht gelegen.
Immer wieder verzögerten sich die Bauarbeiten, weil die Architekten sich mit dem Baukonzern Hochtief uneinig waren. Auch die Stadt als Bauherr machte wiederholt ein unglückliche Figur. Es zeigte sich bald, dass es ein großer Fehler war, mit dem Bau zu beginnen, ohne die Planungen für das außerordentlich komplexe Projekt abzuschließen. Jahrelang befasste sich ein Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft mit dem Desaster auf der Baustelle. Trauriger Höhepunkt des Streits: ein anderthalbjähriger Baustopp. Aber die Kosten liefen trotz Stillstand weiter: Experten schätzten sie auf 100.000 Euro pro Tag.
Und so stiegen die Kosten rasant an. Während die Stadt bei der Grundsteinlegung 2007 fest davon ausging, höchstens 114 Millionen Euro aufbringen zu müssen, liegt diese Zahl inzwischen bei 789 Millionen Euro. Viele Hamburger ärgern sich über diese immensen Kosten, so auch Bürgermeister Scholz. “Wenn man es richtig geplant hätte, dann hätte die Elbphilharmonie nur 500 bis 600 Millionen Euro gekostet”, sagte Scholz bei der Plaza-Eröffnung im November 2016.
Die Vorfreude auf das neue Konzerthaus ist dennoch groß. Mehr als 500.000 Neugierige haben sich bereits auf den Weg zur Elbphilharmonie gemacht, um den einzigartigen Panorama-Blick von der Plaza zu genießen. Die Aussichtsplattform in 37 Metern Höhe ist ein wichtiges Element. Die Stadt wünscht sich, dass die Elbphilharmonie ein Haus für alle ist – kein Elitetempel für gutbetuchte Klassik-Liebhaber. So ist die Plaza auch ohne Konzertkarte gratis zu erleben. Im Kleinen und Großen Saal gibt es viele vergünstigte Plätze. Zudem liegt ein ausführliches Programm für Kindergärten und Schulklassen vor. Das erklärte Ziel ist: Jedes Kind in Hamburg soll während seiner Schulzeit mindestens einmal in der Elbphilharmonie gewesen sein.
Was viele in dem jahrelangen Chaos auf der Baustelle vergessen haben: Der Bau eines Konzerthauses an prominentester Stelle der Hafencity war keine Idee der Politik, einer Kultursenatorin oder eines Bürgermeisters. Es war die Idee eines Musikliebhabers: Der Hamburger Projektentwickler Alexander Gérard warb ab dem Jahr 2001 für seinen Traum eines Konzerthauses auf dem Gelände des ausgedienten Kaispeichers A. Er holte die Architekten Herzog & de Meuron an Bord – und den japanischen Akustiker Yasuhisa Toyota. Als Gérard im Juni 2003 das erste Modell der Elbphilharmonie präsentierte, war dies der Startschuss für eine ungeahnte Euphorie in der Stadt. Nie zuvor hatten sich die Hamburger so für ein Bauprojekt begeistert. Bis zur Grundsteinlegung kamen 64 Millionen Euro an privaten Spenden zusammen.
Die Stadt hofft mit der Elbphilharmonie weltweit als Reiseziel attraktiver zu sein. Das Konzerthaus soll in den kommenden Jahren mehrere Hunderttausend Besucher zusätzlich in die Stadt locken – vor allem auch mehr Gäste aus Amerika und Fernost. Erst kürzlich hat die “New York Times” die Hansestadt geadelt: Hamburg taucht in der Zeitung in einer Liste der Plätze auf, die man in diesem Jahr unbedingt besuchen sollte. Nur: Wer ein Konzert im Großen Saal erleben möchte, muss sich gedulden. Ob Tourist oder Hamburger. Die Karten für die erste Spielzeit, die bis zum Sommer läuft, sind restlos vergriffen.
Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | 11.01.2017 | 18:00 Uhr
© Source: http://www.tagesschau.de/inland/elbphilharmonie-127.html
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