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Kurt Biedenkopf – in Sachsen ein König

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Er war so etwas wie der Übervater der sächsischen Union: Kurt Biedenkopf prägte die 90er Jahre in Sachsen maßgeblich – es war seine zweite Karriere nach seiner Zeit als CDU-Generalsekretär in der alten Bundesrepublik. Präsent blieb er bis zum Schluss. Nachruf auf einen Westpolitiker, der sich und den Freistaat Sachsen nach der Wende neu erfand.
Leipzig/Berlin. Sonntag,19. September 1999: Frenetischer Jubel brandet auf, als Kurt Hans Biedenkopf den Landtag betritt. König Kurt hat gerade zum dritten Mal in Folge die absolute Mehrheit für die CDU in Sachsen errungen, der kleine Professor ist der größte. Biedenkopf ist auf dem Gipfel seiner Macht. Das strahlende Lächeln des Siegers, der sich insgeheim auch darüber freut, dass ihm sein Erzfeind Helmut Kohl am nächsten Tag huldigen muss, ist eines der Bilder, die man in Erinnerung behalten wird. Eines von vielen. Ein anderes versinnbildlicht aber noch besser den (Macht-)Menschen und Politiker Biedenkopf. Da sitzt er – wie so oft – auf dem Mittelbalkon der Semperoper in der ersten Reihe Mitte händchenhaltend mit seiner Gattin Ingrid. In diesen Momenten schaut er versonnen, leicht entrückt, strahlt aber doch unter der Krone sitzend die absolute Souveränität des Machthabers aus. Aber es wäre falsch, Biko auf König Kurt zu reduzieren. Nicht dass er diesen Titel, den ihm seine Untertanen verliehen, nicht genossen hätte. Mit Lob und Anerkennung konnte Biedenkopf umgehen. Aber es wird dem Macher Biedenkopf nicht gerecht. Kurz nach der Wende lehrt der promovierte Ökonom und Jurist Biedenkopf an der Uni Leipzig, als ihn der Ruf ereilt, Spitzenkandidat der Union im Freistaat zu werden. Der 1930 in Ludwigshafen geborene und in Merseburg aufgewachsene Vollblutpolitiker sagt zu, tritt an und gewinnt haushoch. Was die Jahre danach passiert, wird als Wiedergeburt Sachsens in die Geschichtsbücher eingehen. Biedenkopf erkennt das intellektuelle und vor allem das industrielle Potenzial und Kapital Sachsens. Mit als erstes rettet Biedenkopf die Sachsenring Werke in Zwickau. Das gelingt ihm, weil er Überzeugungskraft besitzt und im Westen Deutschlands bestens vernetzt ist. Zu seinem Netzwerk gehört auch der damalige VW-Vorstandsvorsitzende Carl Hahn, gebürtiger Chemnitzer. Volkswagen steigt ein, investiert Milliarden und wird dieses Engagement keinen Tag bereuen. Ein ähnlicher Geniestreich gelingt ihm mit Siemens. Hier kann er dessen Vorstandsboss Heinrich von Pierer gewinnen, die erste Chipfabrik im Dresdner Norden zu bauen.1994 fällt der Startschuss. Nur fünf Jahre später beginnt die Produktion im zweiten großen Chipwerk von AMD (Advanced Micro Devices heute Globalfoundries).

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